Lettische Kompromisse und die Last der Geschichte.

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Lettische Kompromisse und die Last der Geschichte.

Beitrag von -sd- »

Riga, Hauptstadt der Sowjetrepublik Lettland.

Seit 1201 ist Riga Stadt. Zunächst Festung der deutschen Ordensritter,
dann Schwester der Hansestädte, wie Lübeck, Bergen, Kopenhagen
oder näher, Reval, wechselten später schwedische, russische und pol-
nische Eroberer einander ab. Im Januar 1919 wird mit Hilfe der Roten
Lettischen Schützen zum ersten Mal die Sowjetmacht etabliert.

Die Kommunistische Partei übernimmt im Juni 1940 abermals die Macht
und verliert sie im Juli 1941 bei der Besetzung durch deutsche Truppen.
Vor den Toren Rigas wird noch im gleichen Jahr ein Konzentrationslager
errichtet. Dort, in Salaspils, werden mehr als hunderttausend Letten,
Juden und Russen ermordet. Am 13. Oktober 1944 wird Riga vom Fa-
schismus befreit.

Von etwa eineinhalb Millionen Letten wurde rund eine viertel Million
nach Osten deportiert in die Verbannung und zur Zwangsarbeit nach
Sibirien.

Quelle:
Leo Wieland 'Lettische Kompromisse und die Last der Geschichte'. In
FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG, 14. August 1982. Auszugsweise.


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Rund 20 km Kilometer südöstlich von Riga liegt Salaspils, ein Städtchen
mit etwa 18.000 Einwohnern. Der deutsche Name war Kurtenhof. Hier
wurde als Erweitertes Polizeigefängnis und Arbeitserziehungslager (für
„Arbeitsunwillige“) das Lager Salaspils errichtet.

Mit dem Bau wurde im September 1941 begonnen. Als Arbeitskräfte
wurden Menschen aus dem jüdischen Ghetto in Riga eingesetzt und
Juden aus den ersten Transportzügen aus Deutschland. Die erste Opfer-
gruppe in Salaspils 1941/1942 waren so die für den Bau eingesetzt Juden.
Insgesamt rund 1.000 von ihnen sind beim Bau zu Tode gekommen.

Im Dezember 1942 zählte das Lager rund 1.800 Häftlinge, darunter nur
noch zwölf Juden. Salaspils unterstand der Geheimen Staatspolizei
(Gestapo). Das Lager bestand nach seinem vollständigen Ausbau aus 30
Baracken.

Anfang 1943 unternahm die Wehrmacht drei Gewaltaktionen gegen Auf-
ständische im lettisch-russischen Grenzgebiet („Aktion Winterzauber“).
Dabei wurde hauptsächlich Zivilbevölkerung ermordet. 2.228 Menschen,
darunter auch Frauen und Kinder, wurden nach Salaspils verschleppt.

Das Lager Salaspils bestand bis Ende September 1944. Die Nationalsozia-
listen lösten das Lager aufgrund des Vorrückens der Roten Armee auf und
brannten die meisten Gebäude nieder. Die Häftlinge wurden in verschie-
dene Konzentrationslager verbracht.

In der Zeit seines Bestehens sind mindestens 12.000 Menschen in diesem
Lager inhaftiert gewesen. Neben den bei der Errichtung des Lagers ums
Leben gekommenen ca. 1.000 Juden, haben ca. 2.000 von den Inhaftier-
ten das Lager nicht überlebt. So hat man in Salaspils ungefähr 3.000
Menschenleben zu beklagen, darunter Hunderte von Kindern, die an
Unterernährung und schlechter Behandlung starben.
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