Der Nahostkonflikt - die permanente Krise.

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Der Nahostkonflikt - die permanente Krise.

Beitrag von -sd- »

Am 29. November 1947 billigte die Vollversammlung der UNO den Vorschlag
einer Sonderkommission zur Teilung des damals noch britischen Mandats
Palästina in einen jüdischen und einen arabischen Staat, die nach ihrer kon-
stituierung eine Wirtschaftsunion eingehen sollten. Die arabischen Staaten
stellten sich leidenschaftlich gegen diesen Teilungsplan und drohten, die
Verwirklichung mit Waffengewalt zu verhindern. Von nun an bis zur offizi-
ellen Bendigung des britischen Mandats am 15.5.1948 war Palästina Schau-
platz unzähliger bürgerkriegsähnlicher Unruhen und Terroraktionen. Mit der
Ausrufung des neuen Staates Israel (14.5.1948), begannen die offiziellen An-
griffe der sechs arabischen Staaten, Ägypten, Jordanien (damals noch Trans-
jordanien), Syrien, Libanon, Irak und Saudi-Arabien. Doch die Absicht, den
neuen Staat Israel zu vernichten, schlug gründlich fehl. Nach sieben Monaten
zielloser Angriffe der Araber und äußerst erfolgreicher Gegenschläge der
Israeli, mußten zuerst die Ägypter und dann die anderen arabischen Gegner
Waffenstillstand mit Israel abschließen und sogar noch ein geschlossenes
Staatsgebiet des Gegners hinnehmen.

Aus den Waffenstillstandsabkommen wurden niemals Friedensverträge, da
die arabischen Staaten es nach wie vor ablehnten, durch solche Verträge den
Bestand des neuen jüdischen Staats anzuerkennen. Durch die Kriegsereig-
nisse waren rd. 1,5 Millionen Araber aus den jetzt israelisch gewordenen Ge-
bieten - meist auf Anstiften der arabischen Regierungen - geflohen. Diese
Palästinenser (wie sie genannt werden) wurden von den arabischen Nachbar-
ländern nur zum geringsten Teil in das Wirtschaftsleben eingegliedert; in
Flüchtlingslager lebend, von Armut und Not heimgesucht, bildeten diese
Flüchtlinge einen andauernden Unruheherd, aus dem heraus palästinensi-
sche Freiheitsbewegungen entstanden. Diese lehnten mit nie erlahmendem
Haß jede Verhandlung und jeden Kompromiß mit Israel ab und somit auch
jeden Ansatz zu einer vernünftigen Lösung der Flüchtlingsfrage.

1956 verstärkten die neuen Machthaber in Kairo (1952 war der König durch
eine Offiziersclique gestürzt worden) die Garnisonen auf der Sinai-Halbinsel
und im Gaza-Streifen; gleichzeitig bildeten die arabischen Staaten ein gemein-
sames militärisches Oberkommando. Um einem Angriff der Gegner zuvorzu-
kommen, ergriff Israel in Abstimmung mit der Suezkanal-Aktion der Franzosen
und Engländer die Initiative und überrannte innerhalb kurzer Zeit die ägypti-
schen Stellungen auf der Sinai-Halbinsel und erzwang die Öffnung der Straße
von Tiran für die israelische Schiffahrt. Aufgrund des Eingreifens der Ameri-
kaner und der Sowjets sowie der UNO mußten die Israeli auf ihre Ausgangs-
position zurückgehen - nur den freien Zugang zu dem für die Ölversorgung
des Landes lebenswichtigen Hafen Eilat am Roten Meer konnten sie als Kriegs-
gewinn verbuchen.

Wieder kam es in der Folge zu keinem Friedensschluß. Auch ein Angebot Isra-
els - abgegen zu einem Zeitpunkt verhältnismäßiger politischer Entspannung -
mit den arabischen Staateneinen Nichtangriffspakt abzuschließen, die Rüstun-
gen zu bescgränken, wurde von den Gegnern gar nicht erst diskutiert,

In der Zeit nach dem 2. arabisch-israelischen Krieg fällt auch die einseitige
Bindung der Sowjetunion an die arabischen Staaten, ein Vorgang, der sich
auf die weitere Entwicklung des Krisenraums Naher Osten von größtem Ein-
fluß erweisen sollte: Nunmehr im Besitz einer politischen Rückendeckung und
eines mächtigen Waffenlieferanten, konnte es für die arabischen Staaten nur
noch eine Lösung in ihrem Konflikt mit Israel geben: Krieg und Vernichtung
des israelischen Staates !

Daß unter diesen Umständen die zweite Weltmacht, die USA - und mit ihnen
die alten Freunde von 1956, Großbritannien und Frankreich - sich hinter
Israel stellten, und ihrerseits das Waffenpotential des bedrohten Staats auffüll-
ten, war die zwangsläufige Folge. Auf diese Weise erweiterten sich die lokalen
Spannungen im Nahen Osten zu einem Krisenherd von Weltbedeutung. Diese
Internationalisierung hatte zunächst den Vorteil, daß eine Änderung der Ver-
hältnisse nur mit Zustimmung, ja wahrscheinlich nur unter Teilnahme der hier
engagierten Großmächte möglich war. Da es aber unwahrscheinlich schien, daß
es die USA und die UdSSR zu einem offenen Konflikt kommen lassen würden,
konnte sich Israel verhältnismäßig sicher fühlen.

Aber diese Rechnung stimmte nicht mehr von dem Augenblick an, da die USA
nicht mehr bereit waren, ihr Engagement im Nahen Osten mit allem Nachdruck
aufrecht zu erhalten. Dieser Fall trat ein, als der Vietnam-Krieg die finanziellen
und militärischen Kräfte ernstlich zu beanspruchen begann - also etwa seit
1966. Die Sowjets, darauf bedacht, die Amerikaner aus dem Mittelmeerraum
und dem Nahen Osten politisch herauszumanöverieren, nahmen die Schwäche
der amerikanischen Nahost-Politik zum Anlaß, den Arabern, insbesondere den
Ägyptern und Syrern - bei gleichzeitiger Verstärkung der Wirtschafts- und
Waffenhilfe - mehr und mehr freie Hand gegen Israel zu geben, in der Hoffnung,
durch ständiges Schüren der Unruhe, die beiden genannten Staaten immer mehr
unter ihren Einfluß zu bringen. Aber auch hier ging die Rechnung nicht auf; denn
Israel - durch offensichtlich auf einen neuen Krieg hinzielende Maßnahmen
Nassers (Truppenkonzentration auf der Sinai-Halbinsel, Sperrung der Straße von
Tiran) von einem bevorstehenden, neuerlichen Angriff der Araber überzeugt
- eröffnete - für die Araber zu diesem Zeitpunkt überraschend - die Feindse-
ligkeiten. In einem 6-Tage-Blitzkrieg schlugen die Israeli die Ägypter, Jordanier
und Syrer so entscheidend, daß nach Eintreten der von der UNO erzwungenen
Waffenruhe ein Gebiet von der dreifachen Größe des bisherigen Staatsgebiets
von den israelischen Truppen besetzt gehalten wurde; ein Faustpfand, das die
israelische Regierung diesmal nicht gewillt war aus der Hand zu geben. Durch die
bisherigen schlechten Erfahrungen gewittzigt, besteht Israel jetzt auf den Ab-
schluß von Friedensverträgen mit den einzelnen arabischen Staaten, was einer
Anerkennung des Staates Israel durch die Araber gleichkäme. Eine Fortdauer des
bisherigen friedenslosen Zustands muß nach Meinung der israelischen Führer in
Tel Aviv und Jerusalem unweigerlich zu einem vierten Waffengang führen, den zu
vermeiden erstes Interesse des über Gebühr beanspruchten Staats sein muß.

Quelle:
Die aktuelle IRO-Landkarte (AJL) 'Nahost - Krieg oder Frieden ?' Ohne Datum.
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