Städtegründungen.

Städtegründungen.

Beitragvon -sd- » 20.05.2021, 13:19

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Städtegründungen. Jubiläumsstädte im Wartheland.

Von Dr. Ilse Rohde

Wie in Posen, spielte sich das bürgerliche Leben auch in anderen Städten ab.
Daß sich diese kleinen Städte nicht immer günstig entwickelt haben wie gleich-
geartete Städte in Schlesien oder Pommern und Westpreußen, lag häufig
daran, daß der adlige Grundherr, der sie auf seinem Besitz anlegen ließ, sich
wenig darum kümmerte, ob das auch wirklich der richtige und geeignete Platz
für eine Stadtgründung war, und daß er, besonders in späteren Jahrhunderten,
nur bemüht war, möglichst viel aus seiner Stadt herauszuholen, ohne sie nach
Kriegsunruhen oder Bränden zu Atem kommen zu lassen. So sind manche
kleine Städte von vornherein zum Absterben verurteilt gewesen, etwa wenn
neben dem größeren Kurnik die winzige Schwesterstadt Bnin angelegt wurde,
oder wenn kleine Landflecken wie Rynarczewo, Rogowo oder andere mit der
Würde einer Stadt zu prunken versuchten. Diese kümmerlichen Umstände
haben es zum Teil nicht dazu kommen lassen, daß eine Reihe der Posener
Städte und Städtchen den behäbigen Wohlstand erlangten, der anderen deut-
schen Kleinstädten eigen ist und der ihnen auch heute noch den Reiz und die
Behaglichkeit verleiht, die wir so lieben.

Posen ist nicht die älteste deutschrechtliche Stadt im Wartheland. Gleich nach
dem Mongoleneinfall 1241 fanden viele deutsche Bürger den Mut, es ebenso
wie in Schlesien auch in Posen mit Niederlassungen städtischen Rechtes zu
versuchen. Der Posener Historiker Adolf Warschauer, der das Städtebuch der
Provinz Posen herausgebracht hat, nennt als erste deutsche Gründung Gnesen.
Natürlich bestand Gnesen schon lange vorher und war berühmt als die Ausgangs-
stätte der polnischen Fürsten (Gniezno, Gniazdo-Nest), zugleich aber auch als
kirchlicher Mittelpunkt durch seinen Dom, in dem die Gebeine des heiligen
Adalbert ruhten und wohin Otto III. seine Wallfahrt unternahm. Und nun wurde
aus der regellosen Siedlung um Dom und Fürstenschloß eine deutsche Stadt wie
allerorten mit viereckigem großen Marktplatz und geregelten Straßen. Nicht
weit von Gnesen und den Gnesnern bekannt durch seinen herrlichen, langge-
streckten See liegt das Städtchen Powidz, das auch schon 1243 zu deutschem
Recht gegründet wurde. Westlich von Gnesen entstand um 1250 Kletzko, wie
auch die bedeutendere Hauptstadt Kujawiens Jung-Leslau, die zwei Jahrhunderte
lang diesen Namen amtlich führte, von den Polen aber dann Inowroclaw genannt
wurde. Um diesen Namen hat es noch in unseren Tagen manchen Streit gegeben.
Inowroclaw heißt nämlich nichts anderes als Jung- oder Neu-Breslau. Als es im
19. Jahrhundert um die Verdeutschung des schwer auszusprechenden Namens
ging, ließ es der Stolz der Bürger nicht zu, daß ihre Stadt gewissermaßen nur
ein Ableger der größeren Schwester Breslau sein sollte. So kam es zu dem ganz
neuen Namen 'Hohensalza', der insofern seine Berechtigung hatte, als der Salz-
abbau der Stadt zu ihrem Haupterwerb gehörte und die damit verbundene Sole-
quelle ihr den Ruf als Rheumabad gab. Immer mehr entwickelte sich Hohensalza
mit manchen schönen modernen Anlagen zu einem neuzeitlichen Kurort und
war neben Posen und Gnesen eine der bedeutendsten Städte des Warthelands.

Etwa um 1248 muß Meseritz entstanden sein, das an der Grenze zwischen Posen
und Brandenburg von jeher stark nach Brandenburg tendierte. 1251 wurde auch
Kostschin gegründet, noch vor 1253 Pudewitz, und nach der Posener Stadt-
gründung sind im Laufe des 13. Jahrhunderts noch Exin, Wronke, Rogasen,
Schwerin/Warthe, Nakel, Zduny, Buk, Kriewen, Gostyn, Jarotschin, Lubin und
das erwähnte Rynarzewo entstanden.

Wenn wir diese Namen auf der Karte aufsuchen, so sehen wir, daß der Raum
zwischen Gnesen und Posen und zwischen Posen und Schrimm besonders dicht
besiedelt war, daß aber der südliche und westliche Raum und ebenso die Netze-
gegenden erst wenig Siedlungen aufwiesen. Nach dem siedlungsfreudigen
13. Jahrhundert brachte die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts die Kolonisation
zum Stocken, und erst unter Kasimir dem Großen begann die Anlage der Kolo-
nialstädte wieder. Als eine eigene Stadt und Lieblingsgründung entstand damals,
1346, Bromberg, die Stadt an der Brahe, die 400 Jahre später auch von einem
König, Friedrich dem Großen, besonders gefördert wurde. - Weitere Städte-
gründungen erfolgten auch noch im 17. und 18. Jahrhundert. Die jüngste Stadt
im Wartheland und nicht die unbedeutendste, Neutomischel, wurde erst 1786
ins Leben gerufen.

Quelle: OSTPREUSSISCHE NACHRICHTEN, August 1953

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