Unterbringung der Flüchtlinge.

Unterbringung der Flüchtlinge.

Beitragvon -sd- » 29.11.2020, 19:44

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27.10.2019

Genau darüber habe ich heute mit meinem Bruder Kurt in Düsseldorf
gesprochen. Er ist zehn Jahre älter als ich, geboren 15. April 1934.
Er war also zu diesem Zeitpunkt fast 10 Jahre.

Er erzählte mir, daß alle Flüchtlinge, die ich in meiner letzten Mail
aufgeführt habe, auch in Weißfluß übernachtet haben. Die Versorgung
geschah anscheinend nur dann, wenn ein Halt eingelegt wurde. Mein
Vater ordnete die Unterbringung der Flüchtlinge in den verschiedenen
Häusern an. Sie mußten dann aufgenommen werden. Eine Familie kam
einmal zurück und erklärte, daß die Hauseigentümer/-bewohner sie
nicht ins Haus lassen wollten. Mein Bruder ist dann mit seinen noch
neun Jahren sozusagen als Amtsperson mitgegangen. Inzwischen hatten
die Eigentümer ihre Türen aber schon geöffnet.
In anderen Orten wird es ähnlich gewesen sein. Der Ortsbauernführer,
Ortsgruppenleiter, vielleicht auch der Bürgermeister, bzw. in Stolp
die Stadtverwaltung, waren für die Unterbringung der Flüchtlinge
zuständig.

Es wurden sicher auch Aufzeichnungen gemacht, wer, wann und wo
untergebracht worden ist. Ob diese Aufzeichnung erhalten geblieben
sind, entzieht sich, bis auf den Quittungsblock der mir vorliegt,
meiner Kenntnis. Da schon ab November 1944 die ersten Flüchtlinge
kamen, hat mein Vater sicher auch schon früher Quittungen ausgestellt.
Zwecks Abrechnung, wahrscheinlich bei der Kreisverwaltung Neustadt,
mußte er diese Quittungen abgeben. Es ist also nicht unmöglich, daß
sich für Stolp die Belege im Archiv in Stolp befinden. Es sind ja auch
sonst viele Akten erhalten geblieben.

Übrigens funktionierte die Verwaltung, die Post und Bahn bis zum
11. März fast einwandfrei. Wie im Quittungsblock belegt, wurde sogar
die Miete für März noch bezahlt, obwohl alle wußten, daß die Flucht
kurz bevor steht.

Erst in der letzten Nacht 10./11. März kamen so viele Flüchtlinge, daß
eine Aufzeichnung nicht mehr erfolgte. Auch in unserem Haus waren
alle Räume und Flure mit Flüchtlingen und Soldaten überfüllt, daß
kaum noch ein Durchkommen war.

Natürlich könnte ich über die Flucht noch ausführlicher berichten,
alles Bisherige ist nur ein grober Überblick.

Warum die Flüchtlinge bis Anfang März mit ihren Wagen über Neustadt,
Lauenburg, Stolp usw. nach Westen wollten, ist mir ein Rätsel. Zu der
Zeit war schon bekannt, daß die Front bei Kolberg bis an die Ostsee
verlief und ein Durchkommen unmöglich war.

Die Liste der Flüchtlinge aus meiner Mail vom 02.12., 1:31 Uhr,
darf gerne an interessierte Listen weitergegeben werden.

Heinz Muhsal
Mailto: Heinz.Muhsal@t-online.de

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