Geordneter Abtransport der Ostpreußen nicht möglich.

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Geordneter Abtransport der Ostpreußen nicht möglich.

Beitragvon -sd- » 30.07.2018, 08:43

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Die Gauleitung erklärte, warum ein geordneter Abtransport der Ostpreußen nicht erfolgte.

Reichsbahnrat M. hat Herrn Walther Becker in Bad Oldesloe, Hindenburgstraße 63, auf eine Anfrage folgendes mitgeteilt:

"In der Zeit von 1944 bis zum Einmarsch der Russen war ich Vorstand des Reichsbahn-Betriebsamtes Bartenstein in Ostpreußen.
Nach dem Druchbruch der Russen an der Minsk-Front wurden im Spätsommer durch zahlreiche Sonderzüge der Reichsbahn
die zahlreichen Bombenflüchtlinge aus Berlin und anderen Weststädten in geordneter und gut organisierter Weise nach Westen
abgefahren. Ihnen folgten im Spätherbst alle jenen Ostpreußen, die aus den zum Teil besetzten Grenzgebieten, zum Teil aus der
Frontzone im östlichen Ostpreußen in das Innere des Landes evakuiert waren. Auch diese Transporte wurden bestens organisiert
und geordnet durchgeführt. Die Flüchtlinge konnten ihr gesamtes mitgeführtes Gepäck verladen und fanden jeder einen Sitzplatz.
Die Transporte wurden in den Raum Sachsen durchgeführt. Den einheimischen Ostpreußen, wurde angesichts der bevorstehenden
Offensive der Russen, von der auch in der Presse zu lesen war, jede Reise nach dem Westen verweigert. Auch wurden sie weit-
gehend daran gehindert, Sachen nach dem Westen zu verlagern. Dies geschah dadurch, daß Reisegenehmigungen, für die die
Kreisleitungen der NSDAP zuständig waren, grundsätzlich verweigert wurden. Als am 13. Januar 1945 die Offensive tatsächlich
einsetzte, suchte ich in Königsberg den Betriebsleiter der RBD auf, um mir Weisungen für den Räumungsfall geben zu lassen.
Dabei hatte ich eine Unterredung mit dessen Vertreter, Herrn Reichsbahnrat H., damals Dezernent 34 der RBD Königsberg.
Ich fragte ihn, warum man denn nicht wenigstens die Arbeitsunfähigen, die Frauen und Kinder rechtzeitig nach Westen evakuiert
habe, man sei doch bestens über die bevorstehende russische Offensive informiert gewesen. Es sei doch bei der nunmehr ein-
getretenen Lage angesichts der notwendigen Wehrmachtstransporte nicht mehr möglich, außerdem noch Evakuierungszüge
zu fahren, und daß das so kommen würde, habe man doch vorher gewußt. Ich erhielt zur Antwort von diesem für die Durch-
führung solcher Transporte maßgeblichen Herrn: Die Reichsbahndirektion Königsberg ist fortgesetzt an die Gauleitung mit dem
Vorschlag herangetreten, die Zivilbevölkerung zu evakuieren. Seitens der RBD war immer wieder erklärt worden, noch sei man
in der Lage, in geordneter Weise in nicht überfüllten Zügen mit ausreichendem Gepäck die gesamte entbehrliche Bevölkerung
abzufahren und damit außer Gefahr zu bringen. Die Gauleitung war darauf hingewiesen worden, daß bei Einsetzten der Offensive
nur noch Wehrmachttransporte gefahren werden könnten und dann die Bevölkerung im Falle russischen Druchbruches ihrem
Schicksal überlassen werden müßte. Seitens der Gauleitung wurde jedes Mal abgewunken mit der Erklärung, es sei noch nicht
so weit, und wenn, dann werde von ihr aus rechtzeitig an die Reichsbahn herangetreten. Dies ist nie geschehen. Bis zur Kata-
strophe wurde seitens der Parteileitung jeder, der seine Familie oder sein Gut nach dem Westen zu dirigieren trachtete, als
Defaitist gebrandmarkt."

Quelle: WIR OSTPREUSSEN, September 1949

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