Landgedinge. (Begriffsdefinitionen).

Landgedinge. (Begriffsdefinitionen).

Beitragvon -sd- » 24.06.2021, 20:03

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Ist jemand unter Euch, der mir bei der Klärung verschiedener Begriffs-
definitionen helfen kann ? Es geht um folgende, im Zusammenhang
mit den alten Gogerichten üblichen Begriffe wie

- gödingspflichtige Gemeinde
- Landgödinge
- Gödingsbank
- Blutronne
- Blauschläge

Meine mir zur Verfügung stehenden Lexika und historische Fachliteratur
sowie die Suche im Internet haben keine Fundstellen aufgezeigt, die die
Begriffe erklären könnten.

Hans-Jürgen Hammacher



Zu Landgödinge (Landgedinge, Landding, u. ä.) findet sich
z. B. in Meyers Konversations-Lexikon, 1888, folgendes:

Ding (althochd. Ding, mittelhochd. Dinc, nord. Thing), Volksversammlung
der alten germanischen und skandinavischen Völker, in der beraten oder
das Recht gesprochen wurde; auch s. v. w. Gericht, Gerichtsort.
Noch jetzt ist in Island Thing gleichbedeutend mit Gerichtssprengel, und
auch sonst kommt das Wort in den skandinavischen Reichen in verschiede-
ner Bedeutung und Zusammensetzung vor, z. B. Storthing, die norwegische
Reichsversammlung; Lagthing, der engere Rat derselben; Folkething, die
Zweite, Landsthing, die Erste Kammer in Dänemark.

Echtes Ding nannte man eine Hauptversammlung, zu welcher sich alle
Dingpflichtigen, d. h. alle Freien, einfinden mußten, während beim Nach-
ding nur die Beteiligten erschienen. Ungebotenes Ding war die regelmäßige
Versammlung, welche fast allenthalben dreimal des Jahrs (die Hauptver-
sammlung fiel in den Herbst: Herbstding) nach vorhergegangener Aus-
legung, d. h. Ladung, gehegt, d. h. gehalten wurde; außerdem fanden noch
außerordentliche Dinge statt, zuweilen auch Botdinge genannt, obwohl
dieser Ausdruck gewöhnlich s. v. w. Bußding, d. h. eine solche Versammlung,
welche bei Strafe besucht werden mußte, bedeutet.

Der Dingplatz, die Dingstätte, war in den ältesten Zeiten ein ehemaliger
Opferplatz unter freiem Himmel, auf einem Hügel oder unter heiligen
Bäumen. Die Fürsten hatten ihren Platz auf einem Stein (Dingstein); ihn
umstanden die Männer, mit Helm und Schwert bewehrt, die Schilde
wurden an Bäumen aufgehängt. Die Richter erhielten einen freien Trunk
(Bot-, Boten-, Bodenwein). Im Mittelalter war das Ding nur noch Gericht.
Der Ort, wo es gehalten wurde, hieß Dingstuhl (Dingbank, Dingstatt,
Dingstelle) und war zuweilen durch Rolandssäulen ausgezeichnet.

Nach den verschiedenen Distrikten, für welche das Ding zusammentrat,
hieß es Landding, Goding (Gauding), Burgding. Eine Gerichtsstelle für Erb-
zinsverhältnisse hieß Dinghof (Hubengericht), der Herr eines solchen
Dinghofsherr (Dinggraf), der unter Beisitz der Dinghofsleute (Hubner),
d. h. Besitzer von Erbgütern (Dinggüter), selbst Gericht hielt oder durch
einen Beamten (Dingvogt) halten ließ. Der einem Dingstuhl Unterworfene
hieß dingstellig, dingpflichtig, die vor denselben gehörige Klage dingstellige
Sache oder Klage, ein dem Gericht Entflohener dingflüchtig. Den Ding-
stühlen stand Unverletzlichkeit (Dingfriede) zu.

Eine gedingspflichtige Gemeinde war zum einen zur Teilnahme am Geding
verpflichtet, zum anderen zur Beachtung und Durchsetzung der Beschlüsse
und auch an der Beteiligung an den Kosten.

Zur Dingbank findet sich im 'Deutschen Rechtswörterbuch (DRW)'
folgende Erklärung:

Dingbank: Sitz des Gerichts, dann übertragen Gerichtsstelle, Gericht,
Gerichtsbezirk.

Adelung schrieb in seinem 'Grammatisch-kritisches Wörterbuch der
Hochdeutschen Mundart':

Die Blutronne oder die Blutrunst, plur. die -n, -en, ein größten Theils veral-
tetes Wort, welches nur noch in den Statuten besonderer Gegenden vor-
kommt. 1) Das Rinnen oder Fließen des Blutes nach einer gewaltsamen
Verwundung; ohne Plural. 2) Dergleichen fließende, oder blutrünstige
Wunden selbst. 3) Das Recht, dergleichen Beschädigungen, die mit Blut-
vergießen verbunden sind, zu bestrafen; und in noch weiterer Bedeutung,
4) auch die ganze obere Gerichtsbarkeit, der Blutbann, selbst. Und vvaz
her doruffe rechtis hatte von Blutrunst adir von Halsgerichte, heißt es in
einer Urkunde Markgr. Theodors von Meißen von 1210. 5) Die Strafe für
blutrünstige Beschädigungen. Die mag ain Burgermeister vvol richten und
allez daz, damit man den Lip [1097-1098] nicht veruuurket und Blutruns git,
Schwabensp. Kap. 166. S. Blutrünstig und Rinnen.

Blauschläge waren körperliche Mißhandlungen
(strafbare Körperverletzungen also). So z. B. das "DRW":

Blauschlag: blaue Stellen verursachender Schlag.

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