Der Deutsche Correspondent, Baltimore.

Suche nach Vorfahren, die in die Vereinigten Staaten von Amerika auswanderten
sowie deren Nachfahren.

Der Deutsche Correspondent, Baltimore.

Beitragvon -sd- » 05.01.2021, 17:53

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Durch meine Familienforschung und die Bearbeitung des OFB Baltimore ist mir
einiges aufgefallen, das ich an die, die Ausgewanderte Familienmitglieder in USA
suchen, gerne weitergebe.

Fast jeder, der sich mit Familienforschung befaßt, wird über kurz oder lang auf
Mitglieder der Familie stoßen, die ausgewandert sind, und um die aufzuspüren,
oft große Schwierigkeiten haben. Ich spreche hier vorwiegend vom Hafen Baltimore,
dem nach New York zweitgrößten Einwandererhafen, über den Millionen Europäer
eingewandert sind und von Bremen bzw. Bremerhaven aus angesteuert wurde.

Bekannt dürften jedem Suchenden die Passagierlisten sein, aber auch, daß diese
in Bremen aus den Jahren 1875 und 1907 wegen Platzmangel in Bremen vernichtet
wurden. Daher stehen für diesen Zeitraum nur die Ankunftslisten in Baltimore zur
Verfügung, die die Kapitäne der Einwanderungsbehörde zu übergeben hatten.
Diese liegen im National Archive in USA und werden bei Ancestry und FamilySearch
online bereitgestellt. Auswertungen von vorhandenen deutschen Passagierlisten
sind in der 'Deutschen Auswanderer-Datenbank' im Historischen Museum in Bremen,
aber auch durch "Die Maus" in Bremen veröffentlicht. Was hier jedoch in allen Fällen
unberücksichtigt ist, sind Passagierlisten in umgekehrter Richtung, nämlich von
New York oder Baltimore nach Europa. Wer hier sucht, ist oft verlassen.

Daher hier der Tipp, der so gut wie unbekannt ist. In Baltimore erschien in den
Jahren 1858 bis 1918 eine deutschsprachige Zeitung - 'Der Deutsche Correspondent',
gegründet und betrieben von deutschen Einwanderern in Baltimore. Diese Zeitung
brachte neben örtlichen Meldungen auch solche "Aus der alten Heimat" und
"Von See und Hafen". Neben den vielen Meldungen aus deutschen Ländern - die wohl
aus Zeitungen aus Deutschland stammen dürften - ist hier das Geschehen im Hafen
von Interesse. Denn hier wurden die Passagierlisten der Schiffe abgedruckt, je nach
Zeiträumen aber unterschiedlich, dafür aber von ankommenden und abgehenden
Schiffen.

In den ersten Jahren der Zeitung sind die Schiffsbewegungen nur als solche aufge-
führt, also Datum und Herkunfts- bzw. Zielhafen. In den 1860er Jahren ist die
Benennung der Fracht vorrangig. Ab Anfang der 1870 Jahre werden neben der
Fracht nun auch Passagierlisten komplett abgedruckt, wobei unterschieden wird
nach Kajüt- und Zwischendecks-Passagieren. Auch wird die "eigentliche" Herkunft
erwähnt.

Das bedarf einer Erläuterung. Während bei FamilySearch und Ancestry jeder Passagier
ausnahmslos als "Immigrant" bezeichnet wird, und der auswertende Leser seine ge-
suchte Person des öfteren in den Listen in verschiedenen Jahren findet, und sich
wundert, welches Jahr denn nun das richtige Auswanderungsjahr ist, oder es sich um
zwei verschiedene Personen mit zufällig gleichem Geburtsjahr handelt, kann dies nur
durch den "Geburtsort - Destination" erkannt werden, wenn es überhaupt angegeben
ist. Steht hier nämlich "America", dann ist es ein bereits in USA Lebender, der von
einer Besuchsreise in Europa zurückkommt. Seine Einwanderung liegt demnach früher.
Im 'Deutschen Correspondenten' hingegen werden Passagierlisten in zweigeteilter
Form dargestellt: im ersten Teil werden die "Rückkehrer" benannt - oft mit Angabe,
wo sie in Deutschland zu Besuch waren und wo sie in USA wohnen, im zweiten Teil
die "Einwanderer". Auch auf See Geborene oder Verstorbene sind manchmal benannt.
Aber auch Passagierlisten von Schiffen, die nach Deutschland fahren - von Baltimore,
aber auch teilweise von New York - sind hier abgedruckt, oft mit vielen familiären
Angaben - Verabschiedung durch in Baltimore verbleibenden Familien- oder Vereins-
Mitgliedern - sowie das eigentliche Ziel in Deutschland, Österreich oder der Schweiz
und der Grund der Reise. Diese Listen umfassen oft mehrere Spalten in der Zeitung.

Mit der Zeit wurden die Dampfer aber immer größer und brachten oft zwischen 700
und über 3.000 Passagiere nach Baltimore. Das ist auch in der Zeitung zu sehen. Ab
etwa Mitte der 1880-Jahre werden diese Passagierlisten gekürzt und nur noch die
Kajüt-Passagiere genannt - oft auch schon über 100 Personen. Die Zwischendecks-
Passagiere werden nur noch als Zahl genannt. Die Fracht-Benennung entfällt.
Auch bei den Passagierlisten der abgehenden Schiffe wird dies so dargestellt. Hier
werden aber manchmal auch Personen genannt, die in USA als "displaced", also uner-
wünschte Personen waren, denen die Einwanderungsbehörde die Einreise verweigerten
und sie mit dem Dampfer, der sie gebracht hatte, wieder nach Deutschland zurück-
schickten. Darunter oft auch "gedätschte" Mädchen, also geschwängerte, unverheiratete
Mädchen, denen man Schande in Deutschland ersparen wollte und sie deshalb in die USA
abgeschoben hat, die sie aber nicht haben wollen.

'Der deutsche Correspondent' ist im Internet aufrufbar und kostenlos zu durchsuchen.
Meine Arbeit mit dieser Zeitung wirkt sich auch bei den Zufallsfunden der "Verdener
Familienforscher" aus, denn alle Funde aus Deutschland, ebenso wie die gefundenen
Passagiernamen, die ich bisher fand, sind hier eingebracht. Eine Namen-Suche lohnt
sich also auch hier.

Damit möchte ich meine Ausführungen beenden, und hoffe, daß hierdurch eine Suche
nach Auswanderern etwas einfacher wird.

Rainer Dörry
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Rückmeldungen zur Suche nach USA-Ausgewanderten.

Beitragvon -sd- » 05.01.2021, 18:18

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Rückmeldungen zur Suche nach USA-Ausgewanderten.

Anscheinend hat mein o.a. Tipp das verstärkte Forschen nach USA-Auswanderern geweckt.
Ich bekam eine Menge Rückmeldungen mit erfolgreichen Suchen. Darunter auch folgende:
Einer der Suchenden schrieb mir, daß er seine Passagierliste nicht im 'Deutschen
Correspondenten' sondern im 'Baltimorer Wecker' - einer Tageszeitung, die eine Zeitlang
parallel mit dem Deutschen Correspondenden erschien, ehe sie zusammengelegt wurden -
gefunden hat. Ein weiterer schrieb mir eine Erfolgsmeldung für New York - er habe seine
Passagierlisten dort im 'The morning news' und im 'New York tribunal' gefunden.
Es ist daher sinnvoll auch in anderen Hafenstädten nach Passagierlisten zu suchen.
Hier noch mal die Links dazu: Direkt zum Deutschen Correspondenten geht es am besten
über den Kalender: https://chroniclingamerica.loc.gov/lccn ... 81/issues/
Für andere (alle) Zeitungen und Städte kann man (gleicher Link wie vor) oben in der
Suchleiste den gewünschten Bundesstaat einstellen und neben dem gesuchten Namen
den Zeitraum einschränken - um nicht von der Fülle der Meldungen erschlagen zu werden.

Rainer Dörry

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