Krüger als Berufsbezeichnung.

Einige Berufsgruppen und deren Arbeitsbedingungen
u.a. Eisenbahner, Postbedienstete, Lehrer/innen, Förster, Müller, 'Unstete Berufe'.
Biographien deutscher Parlamentarier 1848 bis heute.

Krüger als Berufsbezeichnung.

Beitragvon -sd- » 22.05.2019, 11:07

In Genealogie-Mailinglisten tauchen immer mal wieder Fragen zum
Themenkomplex 'Krug / Braukrug / Erbkrug' auf. Um Fragenden und
auch Ahnungslosen "auf die Sprünge" zu helfen, sind m. E. solche
Antworten und Texte wie die nachfolgenden hilfreich und eventuell
auch weiterführend.

Dieter Sommerfeld, Hamburg

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Ein 'Krüger' ist Besitzer eines Kruges, eines Dorfgasthauses.
Durfte er diesen Krug vererben, war er Erbkrüger.
Hatte er eine Brauberechtigung, war er Braukrüger.

Hartmut

-

Braukrüger müßte m.E. jemand sein, der braut und ausschenkt,
etwa Brauereiausschank.

Wolfgang Maeschig

--

Ein Krüger ist ein Gastwirt, Inhaber einer Gaststätte.
Ein Erb- und Braukrüger konnte dazu noch vererben
und hatte das Recht zum Bierbrauen

Josef Gitzen

-

Ich habe mich in der Vergangenheit viel mit Krügen (Gastwirtschaften) beschäftigt.
Etliche alte Krüge werden in Akten und Grundbüchern als 'Erb- und Braukrüge'
bezeichnet. Es gibt auch andere Hinweise darauf, daß in diesen Häusern lange
Zeit Bier gebraut und ausgeschenkt wurde. Gleichzeitig gab es auf den Gutshöfen
dieser Dörfer trotzdem noch eine zweite Braustätte, zumeist auch noch eine
Brennerei.

Mir ist bekannt, daß es für alle diese Dinge, also fürs Ausschenken, fürs Brauen,
fürs Brennen, fürs Beherbergen (Übernachtung), usw, i. d. R. eigene / gesonderte
Konzessionen gab.

Wer kennt sich mit den Krügen auf dem Lande aus ? Meine Fragen: Wenn ein Krug
immer nur "Krug" genannt wird, und nie "Brau-Krug", kann man dann davon aus-
gehen, daß dort nicht gebraut wurde (es kein Brau-Zubehör / keine Brauanlage gab),
das Bier also "von außen" kam ?

Es handelt sich um den alten Krug in Nieder Neuendorf
(an der Fähre nach Heiligensee), ca. 7 Kilometer nördlich der Stadt Spandau.

Wie war das in anderen Dörfern ? (ggf. in anderen kleinen Dörfern in der Nähe
von größeren Städten ?) Hat da jemand Erfahrungen ?

Jeder Hinweis ist willkommen.

Klaus Euhausen
16761 Hennigsdorf a. H. (Brandenburg, Deutschland)
E-Mail: euhausen (at) aol.com

Familienkunde/Regionalgeschichte:
http://www.euhausen-klaus.de/regionalgeschichte

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Moin Dieter. Klar, darfst Du (bei mir auch mit Wohnort und E-Mail-Adresse).


Das Thema interessiert mich auch. Das deutsche Rechtswörterbuch
verweist auf diese Quellen zum Thema 'Krugrecht':

http://www.rzuser.uni-heidelberg.de/~cd ... IGKEIT-1.0

In der Nähe finden sich andere Begriffe, ich würde ab 'Krug'
alphabetisch lesen
https://drw-www.adw.uni-heidelberg.de/d ... ex=lemmata

Das ist natürlich eher der großräumige Ansatz ohne Detailbezug zum
Havelland. Es scheint aber Krüge ohne Braurecht gegeben zu haben,
denn hier wird erwähnt, daß z. B. Stahnsdorf einen Krug mit Braurecht
hatte:

https://books.google.com/books?id=fGtKB ... ht&f=false

Meine Suche: Brauereien in Alt-Ruppin um 1800.
Amtsbrauer Joh. Matthias KUPFER (KUPPER) oo PAUL und
Amtsbrauerknecht Joh. Heinrich KUPFER oo 1815 BREDOW.

Utz-Uwe Haus

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Ist ok. Utz
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Re: Krüger als Berufsbezeichnung.

Beitragvon -sd- » 01.03.2021, 19:19

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Irmi Gegner-Sünkler schrieb am 12. Dezember 2011:
Kann es sein, daß die Bezeichnung 'Krüger' als Beruf regional ganz
unterschiedlich verwandt wurde ?

Hintergrund meiner Frage:

Einige meiner Vorfahren im Gebiet Pr. Eylau waren Krüger und ich gehe
davon aus, daß sie in den Orten, in denen sie lebten (Eichhorn, Gr. Peisten,
Worglitten), eine Schankerlaubnis besaßen.

In einem Brief von Dr. Gerhard Schaub fand ich eine ganz andere Erklärung
für den Beruf des 'Krügers' - allerdings bezieht sich Dr. Schaub auf eine
andere Gegend, nämlich Rönnebeck im Kirchspiel Blumenthal. Er schreibt:

'Krüger ist nicht jemand, der Bier und Grog ausschenkt, sondern jemand,
der Tonkrüge macht, also ein Pottbäcker, außerdem macht er Backsteine’.

Näheres ist hier nachzulesen: http://www.genealogie-tagebuch.de/?p=2543

Falls es stimmt, daß diese Berufbezeichnungen regional unterschiedlich
verwandt wurden ... WIE wurde dann im Norden jemand genannt, der eine
Schankerlaubnis besaß ?

Irmi Gegner-Sünkler
Mailto: irmi@gegner-suenkler.de

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Hier einige Deutungen des Krüger:

Krugbäcker, Töpfer, Krügel, Krügle; Krug-, Geschirrhändler, -hausierer.

Krüger, Besitzer oder Pächter eines Dorfkruges oder einer einzelnen Krugstelle.
In der Regel war er verpflichtet, Bier und Branntwein von den Brauereien und
Brennereien der staatlichen Domänenämter oder der (Ritter-)Güter zu beziehen.
Er selbst hatte keine oder nur eingeschränkte Brenn- und Braurechte. Neben
dem Ausschank bewirtschaftete er auch regelmäßig bäuerliche Ackerflächen.

Bernd aus Wolfsburg
der dauersuchende KINZEL 05361-4109340 http://ahnen-online.yooco.de/home.html
Mailto: Laagberger@kabelmail.de

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In den ermländischen Kirchenbüchern der Zeit vor 1900 wird der Krüger, Gastwirt
fast immer mit der lateinischen Bezeichnung "Tabernator" benannt.
Der Töpfer war ein "figulus".

Manfred Fox
Mailto: MFox-Bochum@t-online.de

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Krüger als Berufsbezeichnung.

Beitragvon -sd- » 01.03.2021, 19:38

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In den ermländischen Kirchenbüchern der Zeit vor 1900 wird der Krüger,
Gastwirt fast immer mit der lateinischen Bezeichnung "Tabernator" benannt.
Der Töpfer war ein "figulus".

Manfred Fox

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> Falls es stimmt, daß diese Berufbezeichnungen regional unterschiedlich
> verwandt wurden ... WIE wurde dann im Norden jemand genannt, der eine
> Schankerlaubnis besaß ?

In Ostpreußen jedenfalls Krüger.
Und ein Töpfer wäre wohl ein Krugmacher.

Man sollte immer Zeitraum und Ort, landsmannschaftliches Umfeld usw.
bei irgendwelchen Erklärungen berücksichtigen.

Thomas Salein

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Dem kann man nur zustimmen. Nach E. Riemann et.al. 'Preußisches Wörterbuch',
Bd. III (K-M), Spalten 617 bzw. 618, wurden in Ost- und Westpreußen der Gastwirt
'Krüger' und der Töpfer 'Krugmacher' genannt. Regional unterschied sich der 'Krüger'
nur in der Aussprache (Lautschrift von mir allgemein lesbar umgesetzt): Kreeger,
Kreejer, Krööger, Krööjer vorherrschend im niederpreußischen (plattdeutschen)
Bereich, bis hinein nach Westpreußen; Kreeia im Ostkäslauschen (um Rößel und
Bischofstein); Krööjre (Thorn / Westpreußen); Tchroije (Koschneiderei, verstreut
Zempelburg). Im hochpreußischen (mitteldeutsch sprechenden) Gebiet: Kriiger
(Oberland), Breslausch vereinzelt auch Kriia. Ein weiterer Ausdruck für den Gastwirt
war 'Krugert', ausgesprochen: Krochat (Einzelmeldungen aus Braunsberg, Fisch-
hausen und Labiau); auch 'Krugwirt' kam vor.

Die Gastwirtsfrau war die 'Krügersche', ein Gastwirtsehepaar hieß 'Krugleute',
'Krügerleute' oder auch 'Krugwirtsleute'.

Rolf-Peter Perrey

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Das scheint nur auf den ersten Blick verwirrend. Die niedere Gerichtsbarkeit auf
dem Dorf war in alter Zeit oft dem Dorfschulzen übertragen. Das Amt des Dorf-
schulzen übte eine herausragende Persönlichkeit am Ort, eben oftmals der Krüger
aus. Die enge Verbindung Gastwirt-Schulze/niederer Richter wird besonders in
Schlesien und der Lausitz deutlich. Dort hieß bzw. heißt der Dorfkrug Kretscham
(ein Wort aus dem Slawischen, das Richter bedeutet) oder Dorfkretscham, d.h
im Dorfkrug fanden die Verhandlungen der niederen Gerichtsbarkeit statt.
Deshalb kam es in manchen Gegenden zur Gleichsetzung Schulze = Krüger.

Rolf-Peter Perrey

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Auch in Masuren wurde amtlicherseits immer die Bezeichnung Krug oder Kretscham
(Kretszam) benutzt. Die polnischsprachige Bevölkerung nannte den Krug "Karzcma".
Der Krüger war der Karczmarcik.

In der Regel wurde ein Krug mit 2-4 Hufen Land verliehen. In weit abgelegenen
Dörfern erhielten die Krüger neben dem Schankrecht auch das Braurecht. In der
Nähe von Städten erhielten sie das Braurecht nur zu ihres "Tisches Notdurft" und
mußten Bier und Branntwein aus den nächsten Amtsbrauereien beziehen.

Die niedere Gerichtsbarkeit hatte in der Regel der Dorfschulze, polnisch "Woyt".
In den Fällen, wo der Schulze auch den Krug besaß, trifft die Gerichtsbarkeit somit
zu. In den adligen Dörfern oblag die Gerichtsbarkeit dem Grundherrn. Im Bereich
des Amtes Ortelsburg waren viele Krüge im Besitz der Pfarrer, Amtsschreiber oder
des Amtshauptmannes. Der Krüger war nur deren Angestellter.

Olaf Goebeler

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Krug / Krüger / Oberkrüger / Niederkrüger.

Beitragvon -sd- » 27.09.2021, 09:36

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In einem Kirchenbucheintrag stieß ich auf den Beruf des "Oberkrügers".
Des weiteren fand ich noch den Beruf "Niederkrüger". Welche Abstufungen
gab es ? Welche Tätigkeiten verbargen sich generell hinter einem "Krüger" ?



Der Krüger war der Besitzer des Gasthauses, des Kruges. Ein angesehener Mann
war dies allemal, da sowohl das Brauen als auch das Ausschenken von Bier eine
höchst wichtige Angelegenheit war. Vermutlich gab es in dem fraglichen Ort zwei
Krüge, und die Bezeichnungen Ober- und Nieder dienten zur Unterscheidung:
einer lag im "oberen", der anderen im "unteren" Teil des Dorfes.

Gerd Schmerse

-

Ich würde das anders interpretieren: Es gab wohl einen oberen Krug und dem
entsprechend auch einen unteren Krug (Gastwirtschaften). Die Betreiber
(Besitzer, Pächter) wurden danach der Oberkrüger bzw. der Unterkrüger
genannt. Eine Rangfolge würde ich daraus nicht ableiten.

Ein Krüger ist eben ein Gastwirt mit allen damit verbundenen Rechten und
Pflichten (Braurecht, Ausschank, Speisenangebot, Bereitstellung von Räum-
lichkeiten, Beherbergung (?) usw.)

Jürgen Gottschewski

-

Derartige Abstufungen gab es meines Wissens nicht. Kann es sein, daß der
Ort zwei Krüge hatte, die dann zur Unterscheidung "Oberkrug" und "Nieder-
krug" hießen, und "Oberkrüger" bzw. "Niederkrüger" somit nur angibt, welchen
Krug der Krüger innehatte ?

Carsten Fecker

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