Historische Berufe. Beispiel: Köllmer / Cöllmer.

Einige Berufsgruppen und deren Arbeitsbedingungen
u.a. Eisenbahner, Postbedienstete, Lehrer/innen, Förster, Müller, 'Unstete Berufe'.
Biographien deutscher Parlamentarier 1848 bis heute.

Historische Berufe. Beispiel: Köllmer / Cöllmer.

Beitragvon -sd- » 20.06.2016, 11:15

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Historische Berufe: http://www.historische-berufe.de/

Beispiel:

Köllmer / Cöllmer / Cölmer:
http://www.historische-berufe.de/BERUFE/coellmer.html

Kommentare und Ergänzungen zu dieser WWW-Seite bitte an:
Günther Unger / webmaster(at)ungerweb.de -
URL: http://historische-berufe.de/willkommen.html

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Bei der Durchsicht meiner Ahnen, stoße ich immer wieder auf
das Adjektiv 'cöllmisch / köllmisch'. Welche Bedeutung hat dieser
Begriff ? Die Definitionen, die ich bisher gefunden habe, sind alle
sehr allgemein gehalten. Vielleicht kann mir hier jemand helfen.


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Wie Du aus den nachfolgenden Mails ersehen kannst, habe ich
einige Antwort-Texte zum Thema 'Kölmer / Köllmer, cöllmisch /
köllmisch' gesammelt und archiviert, die möglicherweise aufschluß-
reich sein könnten.

Ich antworte normalerweise lieber listeöffentlich, weil so der Kreis
der Informierten und Helfer/innen größer wird, doch habe ich Dir
diesesmal direkt gemailt, weil sonst erst das Einverständnis der
nachfolgend Aufgeführten eingeholt werden müßte.

Dieter Sommerfeld, Hamburg

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"Köllmer" ist weniger eine Berufsbezeichnung als eine
Standesbezeichnung, da es hier um die Rechtstellung
als Grundbesitzer ging (Köllmisches Recht).

Hans-Christoph Surkau

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Kölmer (oder Köllmer) sind halbfreie Bauern, eine Zwischenstufe
zwischen den Untertänigen und den Freibauern.
Siehe auch Hans Hugo Weber 'Alte Berufsbezeichnungen'
In Sudetendeutsche Familienforschung, Jahresheft 1992.

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Erlauben Sie, daß ich ihnen nachfolgend die Erläuterungen zum
'Köl(l)mer' aus dem Buch 'Was waren unsere Vorfahren ?'
von Kurt von Staßewski und Robert Stein, Königsberg 1938
(Nachdruck Hamburg 1991 = Sonderschrift Nr. 18 des VFFOW) zitiere:

"Kölmer: freie Grundbesitzer, die der Orden zu Kölmischem
(Kulmischem) Recht angesiedelt hat. Kölmisches Recht verpflichtet
zum Reiterdienst bei Verteidigung des Landes, geringfügiger Abgabe
an Geld, Wachs und Pfluggetreide; es gewährt große Freiheiten:
Vererbung des Gutes an Söhne und Töchter. Verkauf mit Vorwissen
des Ordens, Befreiung vom Scharwerk, oft auch die Privilegien der
Fischerei, mittleren und mindern Jagd, Brauerei und dergleichen.

Große Kölmische Güter, denen die volle Gerichtsbarkeit verliehen war,
sind später Rittergüter geworden. In der Nachordenszeit und bis auf
Friedrich d. Gr. entstehen neue Kölmer, denen statt des Kriegsdienstes
ein Zins auferlegt wird. Das Landrecht von 1685 bewertet den kölmi-
schen Besitz als volles Eigentum. So bilden die Kölmer einen angesehe-
nen Stand, weit über den Bauern stehend; sie sind auch auf den Land-
tagen vertreten. Oft heißen die Kölmer die "Kölmischen Freien"
im Gegensatz zu den Preußischen oder Magdeburgischen Freien."

Zum "Freibauern" erklären Staßewski / Stein:
"Freibauer: hieß im polnischen Westpreußen ein vom Scharwerk
befreiter Bauer. Vgl. Scharwerksfreie, Hochzinser."

Hans-Christoph Surkau

-

Köllmer und Wirt

'Wirt' ist eine allgemeine Bezeichnung für den auf seinem Besitz die
Wirtschaft führenden Bauern.

Ein 'Kölmer' ist ein freier Grundbesitzer, dem sein Land vom Orden
nach dem "Kölmischen" (= Kulmer) Recht verschrieben wurde. Er hat
das volle Eigentumsrecht an seinem Grund und Boden, kann sein
Land mit Vorwissen des Ordens verkaufen und kann es an Söhne und /
oder Töchter vererben.
Er muß eine geringe Abgabe an Geld, Wachs und Getreide zahlen
und im Kriegsfalle Reiterdienst leisten. Er muß kein Scharwerk leisten.

Ferner besitzt der Kölmer oft noch weitere Privilegien wie z.B. Fischerei-
rechte, Jagdrechte, Braurechte.

Auch nach der Ordenszeit wurden Grund und Boden zu kölmischem Recht
verschrieben. Größere kölmische Güter, die die volle Gerichtsbarkeit
hatten, wurden später oft Rittergüter.

Neben den kölmischen Hof- bzw. Gutsbesitzern gab es auch kölmische
Krüger, Müller, Schulzen und Gärtner.

Die Kölmer waren ein sehr angesehener, weit über den Bauern stehender
Stand, der auch auf den Landtagen sie eigenständig vertreten war.

Hans Christoph Surkau

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Kölmer: Bauer, der unter Kulmer Recht stand.
Nach Fritz Verdenhalven 'Familienkundliches Wörterbuch'.

In 'Was waren unsere Vorfahren ?' Sonderschrift des Vereins
für Familienforschung in Ost- und Westpreußen e. V. steht:

Kölmer: freie Grundbesitzer, die der Orden zu Kölmischem (Kulmischem)
Recht angesiedelt hat. Kölmisches Recht verpflichtet zum Reiterdienst
bei Verteidigung des Landes, geringfügiger Abgabe an Geld, Wachs und
Pfluggetreide; es gewährt große Freiheiten: Vererbung des Gutes an
Söhne und Töchter. Verkauf mit Vorwissen des Ordens, Befreiung von
allem Scharwerk, oft auch die Privilegien der Fischerei, mittleren und
mindern Jagd, Brauerei und dgl. Große kölmische Güter, denen die volle
Gerichtsbarkeit verliehen war, sind später Rittergüter geworden.

In der Nachordenszeit und bis auf Friedrich den Großen entstehen neue
Köllmer, denen statt des Kriegsdienstes ein Zins auferlegt wird. Das Land-
recht von 1685 bewertet den kölmischen Besitz als volles Eigentum. So
bilden die Köllmer einen angesehen Stand, weit über den Bauern stehend;
sie sind auch auf den Landtagen vertreten. Oft heißen die Köllmer die
'Kölmischen Freien' im Gegensatz zu den Preußischen und Magdebur-
gischen Freien.

Kölmische Leute werden oft die deutschen Erbzinsbauern genannt, und
zwar deswegen, weil sie in vielen Beziehungen des bürgerlichen Lebens
die Freiheiten des Kölmischen Rechts genossen, nur nicht das
Kölmische Besitzrecht an ihren Höfen; sie waren eben keine 'Kölmer'.

Kölmischer Erbhaber: Kölmer, deswegen so genannt, weil er sein Freigut
erblich inne hat.

Kölmischer Erbsa(a)ß: Kölmer, in den Kirchenbüchern öfters so genannt,
weil er auf seinem Freigut erblich saß.

Kölmischer Frey (Freisa(a)ß): Kölmer, der auf einem 'Kölmischen
Freigut' saß; er wurde höher geachtet als die Preußischen und
Magdeburgischen Freien.

Kölmischer Gärtner: kleiner Stellenbesitzer, dem das Grundstück zu
Kölmischem Recht verschrieben ist. Die meisten wohnen in den
"Lischken", in Vorstadten und neben Ordens- bzw. Amtshäusern.
Sie zählen später zu den Eigenkätnern.

Kölmischer Gutsbesitzer: Kölmer, der ein größeres Gut besitzt, das oft
nicht im Dorfverband liegt, sondern einen eigenen Gutsbezirk bildet.

Kölmischer Krüger: gehört dem Kölmerstande an und besitzt den Krug
nebst Ländereien als freies Eigentum. In der Regel hat er für den Krug
die Brau- und Brenngerechtigkeit erhalten, andernfalls kann er das
Getränk nach Belieben einkaufen.

Kölmischer Müller: ihm ist die Wassermühle zu Kölmischem Recht
verschrieben; er gehört dem Kölmerstande an.

Kölmischer Schulze (Freischulze): Besitzer eines Freiguts zu Kölmischem
Recht und erblicher Inhaber des mit dem Gut verbundenen Schulzenamts.
Er handhabte die niedere Gerichtsbarkeit im Dorfe, verhängte Bußen bis
zu 4 Schilling und erhielt von höheren Bußen den dritten Teil. Dem Orden
leistete er in der Regel einen Roßdienst oder stellte ein Pferd vors Geschütz.
Im 18. Jh. ging den meisten Schulzen das erbliche Schulzenamt verloren;
sie behielten aber ihr kölmisches Freigut.

'Alte Berufsbezeichnungen' von Hans Hugo Weber sollten verbessert
werden.

Heinz Muhsal
Mailto: Heinz.Muhsal@t-online.de

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Begriffsklärung Kölmer-Wirth

Mir ist bewußt, dass ein <Cölmer> oder <Kölmer> ein Landbesitzer
ursprünglich nach Cölmischem Recht ist. Mir ist ebenfalls bewußt,
daß ein <Wirth> ein Landwirth ist.

Um 1845 wird ein Vorfahre im KB Jurgaitschen einmal als <Kölmer>
und das andere Mals als <Wirth> bezeichnet.
Worin liegt der Unterschied ?

Krafft-Aretin EGGERT

Die Frage wurde vor einigen Tagen beantwortet:
Kölmer = Rechtstitel / Rechtsstand - Grundbesitzer nach Cölmischem
Stadtrecht. Wirth = Berufsstand; ein Wirth = Landwirt als Beruf kann
ein Pächter sein.

Wenn im Kirchenbuch beide Begriffe zu einer Person benannt werden,
dann bedeutet das, daß diese Person einerseits Land besitzt und
andererseits Land als Landwirt bearbeitet.

Krafft-Aretin EGGERT

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