Ein Dorfschulze - Was ist das ?

Gängige Genealogie-Begriffe, Worte, Ausdrücke, Sachzusammenhänge.

Ein Dorfschulze - Was ist das ?

Beitragvon -sd- » 19.12.2011, 12:52

------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Die Aufgaben eines Dorfschulzen kann man wohl nicht mit denen eines heutigen Bürgermeisters
gleichstellen. Wer kann mir sagen, welche Aufgaben Dorfschulzen hatten ?

Gab es regionale Unterschiede ?


------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Dorfschulze ... was ist das ?

Der Schulze war der Bürgermeister (Ortsvorsteher) einer Gemeinde.

Ein Dorfschulze, Schulz oder Schulze war der Vorsteher eines Dorfes mit Weisungsbefugnissen.
Das Schulzenamt wurde meist innerhalb der Familien weitervererbt.

------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Nachfolgend einige Angaben zu den Aufgaben des Dorfschulzen in Niedersaathen
(Kreis Königsberg / Neumark), die ich zusammengetragen habe.

Die Verwaltung der Herrschaft Schwedt, und damit auch die des Dorfes Niedersaathen, ging
von einem Amtshauptmann bzw. dessen untergebenen Beamten aus. Diese hatten mit dem
Dorfschulzen (bei dessen Krankheit mit einem der beiden Gerichtsmänner) Kontakt zu halten,
über die Abgabe jedes Einwohners genau Buch zu führen, auf die Einhaltung der Dorfordnung
zu achten und vorgesehene Maßnahmen zu kontrollieren.

Andererseits mußte der Dorfschulze Rechenschaft über das Dorf ablegen und stellte deswegen
vorrangig die Kontaktperson zum Amtshauptmann dar. Er konnte sich in der Regel, wenn auch
unbeholfen, schriftlich ausdrücken und seinen Namen ganz gut schreiben. Das war aber bei
den ihn unterstützenden Gemeindemännern nicht immer der Fall. Obwohl der Schulze im Dorf
als geachteter Mann galt, war seine Stellung nicht zu beneiden. Er mußte zwischen Herrschaft
und einzelnen Bewohner häufig vermitteln, entweder wegen übermäßiger Forderungen der
Herrschaft oder wegen mancher Nachlässigkeit der Bewohner.

Unter Markgraf Friedrich Wilhelm entwickelte sich im 18. Jahrhundert eine besondere Kleidung
für die Schulzen der herrschaftlichen Dörfer: Ein hellgrauer Hut, ein hellgrüner Überrock mit
grünem Kragen, ein großes Schild mit dem markgräflichen Wappen und ein mit einem großen
metallenen Knopf versehenen Amtsstock. Ein Schulzenrock mit Hut ohne Schild kostete 6 Taler
und 12 Groschen. Eine solche Bekleidung wurde auch 1796 für den Dorfschulzen Jacob Stoltze
angefertigt. Die Kosten trug die Herrschaft.

Starb der Dorfschulze, rückte meist einer der Gerichtsmänner nach und ein neuer Gerichtsmann
mußte gewählt werden. Gemeinsam wurden alle drei als Dorfgericht bezeichnet.

Siegfried Mühle, Berlin

Homepage: http://www.muehle-net.de
Hilfen für Ahnenforscher: http://www.muehle-com.de/HP-Tools
Tipps für Ahnenforscher: http://www.muehle-com.de/HP-Tipps

------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Der vorstehende Text durfte hier mit Wissen und Einverständnis von Siegfried Mühle
verwendet werden.



Siehe nach bei Johann Georg Krünitz
'Oekonomische Encyklopädie,
oder allgemeines System der Staats- Stadt- Haus- und Landwirthschaft ...
'

http://www.kruenitz1.uni-trier.de/ unter Dorf=Obrigkeit ...
Bitte die Gleichheitszeichen bei der Suche beachten.

Siegfried Mühle

------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

Aufgaben der Dorfschulzen.

Vor mir liegt eine Kopie des Buchs
'Praktische Geschäftsanweisung für die Schulzen der Dorfgemeinden im Preußischen Staate'
von Fr. Schilling. Potsdam u. Neustadt-Eberswalde. 1832. Wohl so fast 200 Seiten.

Inhalt:
Detaillierte Darstellung der Einzelaufgaben von der Verwaltung der Armen-Casse
über Stempelgeld für Leichpässe bis zum Transportzettel für vorläufig Festgenommene.

Wenn Sie eine Kopie wollen, bitte sagen.

Ulrich Schroeter
Mailto: ulr-brig.schroeter(at)t-online.de

------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Der vorstehende Text durfte hier mit Wissen und Einverständnis von Ulrich Schroeter
verwendet werden.
Benutzeravatar
-sd-
Site Admin
 
Beiträge: 6347
Registriert: 05.01.2007, 16:50

Re: Ein Dorfschulze - Was ist das ?

Beitragvon -sd- » 22.06.2021, 10:52

------------------------------------------------------------------------------------------

Google search, unverified:

https://www.google.com/search?as_q=&as_ ... type=&tbs=

Google Results for the origins of SCHULTZ and SHULTZ:

Schulz is a common German and Jewish-Ashkenazi family name
in Northern Germany.

The German word Schulz originates from the local official
known as Schultheiß or (Dorf-)Schulz(e), a local law enforcement officer
like a police officer, magistrate, bailiff or mayor
.


------------------------------------------------------------------------------------------
Benutzeravatar
-sd-
Site Admin
 
Beiträge: 6347
Registriert: 05.01.2007, 16:50

Dorfschulze, Dorfvorsteher, Schultheiß.

Beitragvon -sd- » 24.08.2021, 08:39

---------------------------------------------------------------------------------------------

Dorfschulze, Dorfvorsteher, Schultheiß.

Kann mir jemand bitte in einfachen Worten sagen, was ein Schulze war / ist ?
Am wichtigsten für mich wäre, ob dieser Beruf irgendwie vererbt wurde -
d.h., von Vater zum Sohn weitergegeben ??
Ich habe das Problem, daß ich in den Kirchenbüchern von Hohen Sprenz
ein paar Linien nicht zurück komme, weil der Name des Vaters nicht mehr
angegeben wird, sondern er wird nur als "der Schulze von Siemitz", usw.
bezeichnet.
Im Fall, wo der Sohn später Schulze war, ist es wahrscheinlich, daß der Vater
auch diesen Beruf hatte ?

Christine Greenthaner

-

Einfach mal bei wikipedia (manchmal auch bei GenWiki) nachschauen.
Dort wird man meist fündig (in diesem Falle unter dem Stichwort
"Schultheiß").

http://de.wikipedia.org/wiki/Schulthei%C3%9F

Heinz Schlutow

-

Auf dem Lande war der Schulze der Dorfvorsteher, im Gutsbezirk
(Gutsgemeinde) war der Gutsbesitzer der Gemeindevorsteher.
Sicher gab es die Schulzen (Gemeindevorsteher),
die auch richterliche Tätigkeiten ausübten.

Gerd Schmerse

--

Der Schulze war Dorfvorsteher und -sprecher. Im MA wurde auch in Städten
durch den Stadtgründer oder Fürsten ein Schulze eingesetzt bzw. ein erbliches
Schulzenamt verliehen. Der Schulze (lat.: Praetorius, Scultetus) erfüllte in dem
Ort Aufgaben eines Statthalters des jeweiligen Grundherrn. Er trieb beispiels-
weise Abgaben ein, organisierte Frondienste und war auch Ansprechpartner
für einfache Rechtsfälle. Das Amt konnte erblich sein.

Peter Starsy

-

Schulz - auch Schultz, Schultze, Schult oder Schulte.

Eigentlich kein Beruf, sondern ein Amt.

Im 20. Jahrhundert wurden aus den Schulzen die Bürgermeister. Nur daß
die Schulzen nicht gewählt, sondern von der Obrigkeit eingesetzt wurden.
Sie waren sozusagen für die Dorfangelegenheiten gegenüber der Obrigkeit
zuständig, genauso wie für einfache innerdörfliche Angelegenheiten.
Für den Schulzendienst wurde man bezahlt. So man mit dem Dienst des
Schulzen zufrieden war, konnte man nach der Einsetzung nahezu lebens-
lang im Amt bleiben. Um Entlassung mußte man bitten. Das Amt war nicht
erblich, aber manchmal wurde ein Sohn des Vorgängers eingesetzt. Es kam
auch vor, daß das Amt über mehrere Generationen in der Familie blieb,
auch wenn, z.B. durch frühen Tod des Schulzen für eine gewisse Zeit ein
anderer als Schulz eingesetzt war. Manchmal wechselte das Amt aber auch
ständig.

In der 'Chronik der Gemeinde Damshagen' kann man einiges über das
Schulzenamt lesen.

In Welzin war der Schulze Brüggemann verstorben, und Johann Kort
wird zum Schulzen angenommen, mit einer 1/2 jährigen Probezeit
und einer Jahresvergütung von 14 Reichstalern und 32 Schilling (1858)
1862 bittet Korth wegen Altersschwäche um Entlassung, und das Amt
erhält der Erbpächter Jörss. Ab 1867 gab es kein Gehalt mehr, da wurde
die Schulzenstelle mit Ländereien dotiert.

1873 wollte Jörss sein Amt niederlegen, aber weil keinem ein geeigneter
Nachfolger einfiel, mußte er im Amt bleiben. Erst 1887, als Jörss 68
Jahre alt war, durfte er sein Amt niederlegen. Sein angegebener Grund war,
er werde von einem Kopfleiden heimgesucht. Das Amt wurde an den Sohn
Ludwig Jörss vergeben, den der Pastor Peek nach Anfrage bei ihm empfoh-
len hat. Auch Ludwig Jörss wollte bereits 1891 gerne aus dem Amt entlas-
sen werden, aber auch er mußte im Amt bleiben und war es auch 1912
immer noch, als er eine Auszeichnung erhielt.

Von 1919 an wurden dann die Schulzen und Schöffen von der vorher ge-
wählten Gemeindevertretung gewählt und Schulze Jörss mußte einstimmig
gewählt noch einmal drei Jahre antreten.

Von 1873 an wurde in Welzin ein Gemeindebuch geführt,
aus dem man die Arbeit des Schulzen ersehen kann.

Silke Sarnow

-

Der Schulze wurde bis etwa zum Dreißigjährigen Krieg im Dominat nicht
bezahlt, sondern erhielt eine zweite Hufe, die "Schulzenhufe". Dafür
hatte er die Beauftragten des Landesherren zu beherbergen und zu be-
köstigen. Manchmal teilten sich zwei oder mehrere das Amt, dann wurde
auch der Ertrag des Schulzenhofes geteilt, entweder dadurch, daß ein um
das andere Jahr der Besitz wechselte, oder daß sich die Schulzen einigen.

In Stralendorf war ein Zweig meine Familie in mindestens sechs Genera-
tionen Schulze. Die Vorteile des Amtes waren für den ersten (Hinrich
Giencke, geb. ca. 1595) so groß, daß seine Familie einen sozialen Auf-
stieg nahm, der seinen Sohn eine Bildung weit über die seiner Mitdörfler
brachte. Damit war er zum Schulzen prädestiniert. Dieses setzte sich
dann über die Generationen fort, bis ein Erbe sich des Amtes für unwürdig
erwies, weil er eine Jungfrau verführt hatte und heiraten mußte.

Helmuth Gienke

---------------------------------------------------------------------------------------------
Benutzeravatar
-sd-
Site Admin
 
Beiträge: 6347
Registriert: 05.01.2007, 16:50


Zurück zu Genealogischer Wortschatz

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 5 Gäste

cron