Poststrecken / Postverbindungen.

Unter anderem: Das Eisenbahnnetz in Mitteleuropa.

Poststrecken / Postverbindungen.

Beitragvon -sd- » 16.09.2017, 11:50

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Vom "Bryffstall" bis zur Briefmarke. Von Dr. R. Pawel.

Bereits der Deutsche Ritterorden unterhielt eine Briefpost, freilich nicht für
die damalige Siedlerbevölkerung, sondern für eigene, also amtliche Zwecke.
Bei jedem Ordenshaus befand sich ein sogenannter "Bryffstall", eine Art Post-
stube, und ein "Bryffswoykenstall" (Swoyken — Schweiken hießen die Post-
pferde). Den Dienst verrichteten hier die "Bryffjongen", Ordensdiener in
besonderer blauer Tracht, die zu jeder Tages- oder Nachtzeit eilige Post zu
Pferde befördern mußten. Bei längeren Strecken wurden auf der nächsten
Burg, die ebenfalls eine solche Poststelle besaß, Reiter und Pferde gewech-
selt. Briefe von besonderer Wichtigkeit, vergleichbar den 'GKdoS' (Geheime
Kommandosache) der früheren Wehrmacht, beförderten die "Withinge",
freie Grundbesitzer, die mit eigenen Pferden für diese Zwecke zur Ver-
fügung stehen mußten.

Der Ordensbriefpost folgte die 'Ämter- und Schulzenpost', die amtliche wie
auch private Postgüter beförderte. Aber auch angesehene Bürger wurden
vom Landesherrn gegen Besoldung mit der Postbeförderung betraut. Dane-
ben richtete der Große Kurfürst in Ostpreußen 1657 noch die "Dragonerpost"
ein, eine von Dragonerstafetten zweimal wöchentlich unterhaltene Post-
Verbindung zwischen Königsberg und Warschau.

König Friedrich Wilhelm I. hob alle Ämter und Schulzenposten auf und schuf
ein ausgedehntes Netz von Reit- und Fahrposten, das die ganze Provinz vom
Süden bis nach Memel im Norden durchzog. Bei schlechten Wegstrecken
wurde der sonst verwendete leichte Postwagen durch ein stärker gebautes
Gefährt, die sogenannte "Klunkerkutsche" ersetzt, die sich für grundlose
Wege zweckmäßiger erwies.

Unter der Regierung von Friedrich II. wurde 1772 die Poststrecke nach Berlin
eingerichtet. Die Linie führte über Küstrin (Oder), Dirschau (Weichsel) und
zuletzt über Heiligenbeil und Brandenburg am Frischen Haff zu unserer
Provinzhauptstadt Königsberg. Von 1850 ab verließ zweimal in jeder Woche
die bekannte gelbe Postkutsche den Königsberger Posthof und erreichte
nach einer ununterbrochenen Fahrt von fünf Tagen und vier Nächten —
natürlich bei entsprechendem Pferdewechsel — ihr Ziel. Fürwahr eine
Leistung auch für die Reisenden, die dieses Wagnis auf sich nahmen !

Durch den Bau der Ostbahn wurde diese Postverbindung überflüssig. Fahr-
posten konnten sich nur auf Nebenstrecken halten. Der weitere Ausbau des
Bahnnetzes machte schließlich auch diesen Nebenlinien der Fahrpost den
Garaus, doch wurde erst 1926 der letzte Postillion in Ostpreußen abgebaut.

Bis gegen das Jahr 1850 wurde in Deutschland das Porto in bar entrichtet;
als erster deutscher Staat führte Bayern 1849 Briefmarken ein.

Manche Königsberger mögen einst Briefsachen oder Postkarten gesammelt
haben, auf die Briefmarken der 'Privatpost Hansa' geklebt waren. Es handel-
te sich hierbei um ein — wie in anderen Großstädten Deutschlands — neben
der Reichspost privat betriebenes Unternehmen. Man hatte sich eine Lücke
im Postgesetz nutzbar gemacht, wobei es allerdings fraglich blieb, ob die
Unternehmer damit ein gutes Geschäft machen konnten. Mußten sie doch
einen eigenen Zustelldienst unterhalten mit eigenen Postbriefkästen und
Boten, und sie durften zudem die allgemeinen Postgebührensätze, zum
Beispiel für eine Karte im Ortsverkehr drei Pfennige vorsahen, nicht über-
schreiten. Durch Gesetz mußte auch die Königsberger Hansapost, die 1894
gegründet wurde, zum 31. März 1900 ihren Betrieb einstellen.

Quelle: Blätter ostpreußischer Geschichte.
OSTPREUSSENBLATT, 15. Dezember 1956

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