Vertreibung, Heimatlosigkeit und Wohnungselend.

Vertreibung, Heimatlosigkeit und Wohnungselend.

Beitragvon -sd- » 17.03.2020, 21:35

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Vertreibung, Heimatlosigkeit und Wohnungselend.
Haben wir das schon vergessen ?


Auf dieser Seite berichten wir von Kindern ostpreußischer Aussiedler, die in einen
kleinen niedersächsischen Landkreis gekommen sind. Auch wenn die Wohnungen
oft klein sind und unsere Aussiedler mit den Verwandten eng zusammenrücken
müssen, so sind diese Kinder doch wenigstens in eine gesunde Umgebung gekom-
men. Sie haben Raum zum Spielen, Feld und Wald und Wiese draußen vor der Tür.

Wenn wir aber einmal die nüchterne Statistik betrachten, dann müssen wir fest-
stellen, daß etwa sechzig Prozent der Menschen, die jetzt aus unserer Heimat
kommen, keine Möglichkeit haben, bei ihren Verwandten hier im Westen eine
Wohnung zu finden. Sie müssen mit ihren Kindern auf unbestimmte Zeit in ein
Lager. Die meisten von uns wissen aus eigener Erfahrung, was es heißt, mit vielen
anderen Menschen in der Enge eines Lagers, in grauen Kasernen oder Baracken
auf engstem Raum leben zu müssen. Durch den ständigen Zustrom der Menschen
aus dem Osten und der Flüchtlinge aus der sowjetisch besetzten Zone sind diese
Lager auch heute noch überfüllt.

Am schlimmsten wirkt sich dies Leben im Lager auf die Kinder und Jugendlichen
aus. Meist leben viele Familien in einem Raum. Erst spät am Abend, wenn das letzte
Licht verlöscht, finden die Kinder den Schlaf, den sie so nötig brauchen. Die engen
Lagerstraßen sind ihr Spielplatz. Sie, die schon drüben in der Heimat unter harten
Lebensbedingungen herangewachsen sind, oft unter vielen Entbehrungen, finden
auch hier im Westen nicht die Freiheit, von der sie einmal träumten.

Für uns Ostpreußen sollte es eine selbstverständliche Pflicht sein, für die Kinder
unserer Landsleute zu sorgen, die heute noch in Lagern, Baracken oder Notunter-
künfte leben müssen. Wir haben alle selbst am eigenen Leibe erfahren, was
Vertreibung, Heimatlosigkeit und Wohnungselend bedeuten. Haben wir nicht
einmal selbst in schlaflosen Nächten darüber nachgedacht, wie wir unseren Kindern
einmal wieder ein geordnetes Zuhause, einen Platz an der Sonne verschaffen können ?
Haben wir das schon vergessen ? Die meisten von uns haben es durch harte Arbeit
erreicht, daß sie wieder in geordneten Verhältnissen leben und ihren Kindern ein
wirkliches Zuhause und schöne Ferientage bieten können.

Denken wir nun an unsere Landsleute, die ein hartes Schicksal bis jetzt noch in der
Heimat zurückgehalten hat. Denken wir an die Väter und Mütter, die voller Sorge
täglich die schmalen und blassen Gesichter ihrer Kinder sehen und die ihnen aus
eigener Kraft nicht helfen können.

Die Ostpreußische Kinderhilfe möchte auch in diesem Jahr den vielen Kindern unserer
Landsleute, die dringend einer Erholung bedürfen, frohe Ferientage vermitteln. Wenig-
stens für eine kurze Zeit sollen sie einmal aus dem grauen Lageralltag, aus dem Häuser-
meer der Großstädte, aus den engen Notwohnungen heraus an die Sonne kommen.

Jede Spende, auch der kleinste Betrag, hilft uns bei diesem Werk. Jeder Landsmann
sollte sich einmal überlegen, was er dazu beitragen kann. Spenden bitten wir einzu-
zahlen auf das Postscheckkonto Hamburg Nr. 75 57 der Landmannschaft Ostpreußen
e. V. mit dem Vermerk 'Ostpreußische Kinderhilfe'.

Quelle: OSTPREUSSENBLATT, 31. Mai 1958

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