Exkurs 'Schlesien'.

Exkurs 'Schlesien'.

Beitragvon -sd- » 11.04.2024, 15:46

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Schlesien wird wegen seiner geographischen Lage und der
fehlenden naturräumlichen Einheit immer wieder als
Begegnungs- bzw. Durchgangslandschaft<< zwischen Nord
und Süd, Ost und West charakterisiert. Bedeutung für die
Geschichte des Landes hat aber in besonderem Maß die
in staatlicher und nationaler Hinsicht das Land prägende
Randlage.

Schlesien war seit dem 13. Jahrhundert kein politisch eigen-
ständiges Gebiet, zudem hat es zahlreiche Veränderungen
seines Territoriums erfahren müssen. Zuvor immer wieder
von Böhmen und Polen umkämpft, wurde Schlesien 1335
im Vertrag von Trentschin schließlich bis 1740 zu einem
Bestandteil der böhmischen Länder und geriet zusammen
mit diesen 1526 unter die Herrschaft der Habsburger. Nach
dem Ersten Schlesischen Krieg wurde Schlesien bis auf einen
kleinen Teil in den preußischen Staat integriert. Diese terri-
toriale Vergrößerung bedeutete zugleich den Aufstieg
Preußens zur europäischen Großmacht; der dadurch sich
verstärkende preußisch-österreichische Dualismus wirkte
bis ins 20. Jahrhundert.

1919 erfolgte die Trennung in zwei selbständige Provinzen:
Niederschlesien mit der Hauptstadt Breslau und Ober-
schlesien mit Oppeln. Oberschlesien sollte dem Versailler
Vertrag entsprechend Polen zufallen. Nach erheblichen
Protesten der deutschen Bevölkerung kam es 1921 zu einer
Volksabstimmung. Obwohl sich 60 Prozent der Bevölkerung
für den Verbleib bei Deutschland und 40 Prozent für die
Eingliederung nach Polen entschieden, wurde Oberschlesien
nach Anrufung des Völkerbunds 1922 geteilt. Westober-
schlesien blieb bei Deutschland, Ostoberschlesien mit den
wichtigsten Industriegebieten kam zu Polen. Bis zu diesem
Zeitpunkt war die Bevölkerung in den niederschlesischen
Regierungsbezirken Breslau und Liegnitz fast rein deutsch-
sprachig, in Oberschlesien (Regierungsbezirk Oppeln)
sprach hingegen nur ein Drittel der Einwohner deutsch.
Nach dem deutschen Angriff auf Polen im September1939
wurden Schlesien die 1922 polnisch gewordenen Gebiete
und weitere eroberte Regionen mit tschechischer und
polnischer Bevölkerung eingegliedert. Etwa ein Jahr später
teilte man Schlesien im Zuge einer Verwaltungsreform
jedoch wieder in Nieder- (Regierungsbezirke Breslau und
Liegnitz) und Oberschlesien (Regierungsbezirk Oppeln und
Kattowitz).

Von den knapp fünf Millionen Bewohnern Schlesiens lebten
vor den Gebietsveränderungen 1939 zwei Drittel in Nieder-
schlesien und ein Drittel in Oberschlesien.

Durch das oberschlesische Industrierevier (Steinkohlen-
bergbau, Metallerzeugung und -verarbeitung, Textilindus-
trie), das im 19. Jahrhundert zur zweitgrößten deutschen
Industrieregion nach dem Ruhrgebiet geworden war,
betrug vor dem Zweiten Weltkrieg der Anteil Schlesiens
an der gesamten industriellen Produktion in den Ost-
provinzen zwei Drittel.

Quelle:
K. Erik Franzen 'Die Vertriebenen. Hitlers letzte Opfer'.
Begleitbuch zur dreiteiligen, gleichnamigen Fernsehserie.
Propyläen Verlag. 2. Auflage März 2001.


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