10. April 1945. Die letzten Tage Königsbergs.

10. April 1945. Die letzten Tage Königsbergs.

Beitragvon -sd- » 26.06.2019, 20:19

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Man schreibt den 30. Januar 1945. Das erst unmöglich Erscheinende und später
dann unvermeidlich gewordene war eingetreten: Der stählerne Ring um
Königsberg war geschlossen. Zur Festung erklärt, sollte Ostpreußens Hauptstadt
ohne Rücksicht auf seine Einwohner und die Tausenden von Flüchtlingen, die
in ihren Mauern Zuflucht gesucht hatten, laut Führerbefehl bis zum letzten
Mann und zur letzten Patrone verteidigt werden.

Als der nächste Tag heraufdämmerte, grau und unlustig, jagt die sowjetische
Artillerie ihre ersten Granatsalven als Morgengruß in die Stadt. Bald darauf
dröhnten Flugzeugmotoren und die Häuser Königsberg erbebten unter den
Detonationen der Fliegerbomben. Welle auf Welle folgt; der anglo-amerika-
nische Fliegerangriff hat noch zahlreiche lohnende Ziele übrig gelassen. Es
gibt viele Tote unter den Soldaten und Zivilisten. Die Straßen sind leer gefegt
von Menschen und das, was man in einer belagerten Festung als Leben bezeich-
net, spielt sich unter bombensicheren Kellergewölben ab.

Eine tiefe Niedergeschlagenheit hat sich der Bevölkerung bemächtigt, man
hofft auf eine Entsetzung der Stadt und glaubt doch andererseits nicht daran,
weiß oder ahnt, daß es sich um ausgestreute Gerüchte handelt, um die Be-
völkerung so lange wie möglich zu beruhigen. Die Moral der Truppen läßt
zu wünschen übrig, bei jeder Einheit gibt es Drückeberger, die sich von ihrem
"Haufen" abgesetzt haben und in versteckten Häuserruinen und Kellern mit
leichtfertigen Mädchen Exzesse begehen.

Noch einmal wird der eiserne Ring gesprengt. Die Situation ändert sich, als
General Lasch zum Festungskommandanten ernannt wird. Der General war
zu Beginn des Ostfeldzuges noch Regimentskommandeur bei einer vielfach
bewährten ostpreußischen Infanteriedivision, hatte an der Eroberung von Riga
hervorragenden Anteil und war dafür mit dem Ritterkreuz ausgezeichnet
worden.

General Lasch griff schnell und energisch durch. In kurzer Zeit entstand an
der Peripherie der Stadt ein gut gegliedertes Verteidigungssystem mit Schützen-
und Panzergräben, Verhauen und Barrikaden. Waffen und Munition wurde her-
beigeschafft und die gelockerte Disziplin in kurzer Zeit durch drakonische
Maßnahmen wieder hergestellt. Soldaten, Volkssturm und Zivil haben in
kurzer Zeit ausgezeichnete Arbeit geleistet.

Ein Aufatmen geht durch die Bevölkerung und die Herzen der Verzagten er-
füllen sich mit neuem Mut, als am 5. Februar ein Ausfall aus der Festung zum
Erfolg führte. In den frühen Morgenstunden dieses Tages waren Kampfeinheiten
der 1. ostpreußischen Infanteriedivision und der fünften Panzerdivision ohne
Artillerievorbereitung aus dem Raum Juditten zum Angriff angetreten, hatten
mit kühnem Angriffschwung Metgethen, die idyllisch am Waldsaum gelegene
Gartenstadt Königsberg genommen und die Straße nach Pillau freigekämpft,
über die sich im Februar noch ungezählte von Flüchtlingen retten konnten.
Unter den Angreifern befanden sich zahlreiche ostpreußische Jungen, sechzehn-
und siebzehnjährige aus Königsberg und Flüchtlinge aus der Provinz, die kurz-
fristig ausgebildet, mit Gewehr und Handgranate von Deckung zu Deckung
vorwärtsstürmen und selbst die alten Kameraden durch ihren Angriffsgeist
mitreißen. Viele dieser Jungen fielen in diesem Kampf um die Befreiung der
Heimat und fanden ihr Grab in heimatlicher Erde auf dem Luisenfriedhof in
den Hufen.

Die Freude über den erfolgreichen Vorstoß wird aber auch nach einer anderen
Richtung hin getrübt. Nur wenige Tage war Metgethen von den Soldaten der
Roten Armee besetzt, aber lange genug um jedes weibliche Wesen viele Male
zu schänden und unter den Männern ein grauenvolles Blutbad zu verrichten.
Ein bestialisches Inferno, das zu schildern die Rücksicht auf unsere Landsleute
verbietet, die sich in einer ähnlichen Lage befunden haben.

Während die Verteidigungsvorbereitungen zielbewußt fortgesetzt werden,
nimmt das Leben in den Stadtbezirken, die außerhalb der Reichweite der sow-
jetischen Geschütze liegen, wieder beinahe normale Formen an. Geschäfts-
leute öffnen ihre Ladentüren und auch die Gaststätten werden wieder besucht.
Inzwischen ist es Ostern geworden, das erste Grün lugt zaghaft in den Vorgärten
zwischen Trümmergestein hervor, viele Königsberger lockt das milde Wetter
zu einem österlichen Spaziergang und auf dem Schloßteich schaukeln sogar ein
paar Kähne, besetzt mit Soldaten und ihren Mädchen.

Es sollten die letzten friedsamen Tage für die Königsberger Bevölkerung
bleiben. Denn auch der Feind war nicht untätig gewesen, hatte ungeheure
Massen an Verstärkungen und Material herangezogen.

Der Sturm bricht los. Schon wenige Tage nach dem Fest beginnt eine gewaltige
Kanonade. Die Luft ist erfüllt vom Zischen und Bersten der Granaten. Die Verluste,
die aus den einzelnen Abschnitten gemeldet werden, wachsen stündlich und bei
der erdrückenden Übermacht ist es nicht verwunderlich, daß der Feind immer
tiefer in das Verteidigungssystem eindringen kann. Stehen doch den schwachen
Verteidigern dreißig Divisionen, zwei Panzerkorps und eine Luftflotte gegenüber.
Das ist ein Verhältnis von 1 zu 8. Tiefe Einbrüche können die Sowjets bei Ponarth
und Juditten erzwingen. Dadurch fällt die einzige Ausfallstraße wieder in die
Hand des Feindes, und Königsberg ist erneut von der Außenwelt abgeschnitten.
Auch die Straßen innerhalb der Stadt bieten einen trostlosen Eindruck, Granaten
haben die Straßendecke aufgerissen, Schuttmassen liegen darüber, umgestürzte
Fahrzeuge, dazwischen tote und verwundete Zivilisten und Soldaten.

Der Tragödie zweiter Teil. Hoffnungs- und ausweglos erscheint den geängstigten
Menschen das Dasein, eine Katastrophenstimmung hat sich aller bemächtigt, auf
die der Einzelne recht unterschiedlich reagiert ... Während die einen in ernster
innerer Sammlung und im Gebet die Kraft zu finden hoffen, für das, was ihnen
bevorsteht, suchen andere im Alkohol Betäubung und Vergessen. Wieder andere
geben sich einem zügellosen, hysterischen Lebenshunger hin, der sie angesichts
des bevorstehenden Unterganges, gleichsam im Anblick des Todes ergriffen hatte.
Man will zum Schluß noch einmal in vollen Zügen, bis zur letzten Nagelprobe das
Leben genießen, bevor alles zu Ende ist. Viele Menschen aus allen Gesellschafts-
schichten wählten den Freitod. Wer will hier Richter sein !

Weltuntergangsstimmung herrscht auch im "Blutgericht", dem Quartier der
Parteileitung. Der Parteigewaltige selbst, der Gauleiter Erich Koch, hatte schon
Ende Januar seine Hauptstadt verlassen und seine neue Residenz in Neutief auf-
geschlagen, weil er dort, wie er sich ausdrückte, einen besseren Überblick über
die Geschehnisse im Samland hatte, das noch allein von ganz Ostpreußen übrig
geblieben war. Und während hier der Stab der zurückgebliebenen Parteiführung
bei reichlichen Mengen von Alkohol drakonische Maßnahmen gegen Drückeberger
beriet und über einen Ausfall auf eigene Faust beratschlagte, kämpfte in seinem
Gefechtsstand im Keller der zerstörten Universität am Paradeplatz General Lasch
einen schweren inneren Kampf zwischen militärischen Pflicht- und Ehrgefühl und
reiner Menschlichkeit. Indessen nimmt die Zerstörung der Stadt stündlich zu,
muß Stellung auf Stellung geräumt werden. Soll der Kommandant, den aussichts-
losen Kampf fortsetzen, der schließlich nichts anderes ist, als sinnloses Blutver-
gießen, soll er die Kapitulation anbieten, um dadurch wenigstens für die Zivil-
bevölkerung eine mildere Behandlung zu erreichen.

Nach langen Gewissenskämpfen entscheidet er sich für die Kapitulation. Doch
die politische Führung erkennt die Kapitulation nicht an, SS und Partei setzten
den aussichtslosen Kampf fort und auch die Hoffnung, die General Lasch auf
die Ritterlichkeit und Großmut der Sieger setzte, erwies sich als trügerisch.

Die Königsberger Bevölkerung entging nicht dem ihr im Voraus zugedachten
Schicksal, der Plünderung, Mißhandlung, Schändung und vielfach dem Tod. Die
Kämpfe um die Stadt Königsberg haben ungefähr der Hälfte der Ende Januar
noch in Königsberg befindlichen Zivilbevölkerung das Leben gekostet. Militär
und Volkssturm haben rund zwei Drittel ihres Bestandes verloren.

Quelle: OSTPREUSSEN-WARTE, April 1945.

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Kochs Flucht aus Ostpreußen.

Beitragvon -sd- » 19.01.2021, 20:59

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Kochs Flucht aus Ostpreußen.

Die Wochenzeitschrift 'Christ und Welt' brachte im Frühjahr dieses Jahres eine Serie
'Ostdeutsches Schicksal', in welcher unter anderem auch die Eroberung Ostpreußens
und das Schicksal der ostpreußischen Bevölkerung vom Januar 1945 bis zur Kapitulation
geschildert wurde. Der Sinn des Berichtes war, das Schweigen zu brechen und ein
Wissen zu verbreiten, das beitragen soll, mehr Verständnis für die Lage der Heimat-
vertriebenen zu wecken. In wesentlich erweiterter und völlig neubearbeiteter Form
wird das Thema nun von dem Verfasser Jürgen Thorwald in einem Buch behandelt,
das im Oktober 1949 im Steingrüben-Verlag in Stuttgart erscheinen wird. In diesem
Buch mit dem Titel 'Es begann an der Weichsel' (340 Seiten, broschiert 6,50 DM,
gebunden 8,80 DM) schildert der Verfasser auf der Grundlage umfangreicher Quellen-
studien sowie an Hand von Befragungen und Berichte der damals handelnden Persön-
lichkeiten die politische und menschliche Tragödie des Winters und Frühjahrs 1944/
1945 im Raum zwischen Weichsel und Elbe, also auch in Ostpreußen, in ihren Hinter-
gründen und in ihrem Ablauf. Wir sind in der Lage, aus diesem Buch das damals in
der Serie nichtveröffentlichte Kapitel über die Flucht des ostpreußischen Gauleiters
Erich Koch abzudrucken.

Bis zum 22. April hatte Koch noch auf das märchenhafte militärische Wunder gehofft,
das Hitler verheißen hatte, oder auf das ebenso märchenhafte politische Wunder, das
für so viele zum Strohhalm geworden war. Aber als an diesem 22. April aus den Funk-
meldungen, die ihn erreichten, die Einschließung Berlins und eine zunehmende Verwir-
rung im Führerhauptquartier hervorzugehen schien, begann er diese Hoffnungen zu
begraben und sich auf den zweiten Plan einzustellen, den er schon so lange im Hinter-
grund hielt: der Plan der Rettung seiner selbst. Er warf allerdings immer noch nicht
alle Hoffnungen über Bord. Er wollte sich für den Fall, daß wider Erwarten doch noch
ein Wunder eintreten würde, welches Hitler an der Macht erhielt, nicht so bloßstellen,
daß Hitler ihn als Feigling ausstoßen und von einer weiteren Tätigkeit ausschließen
konnte.

Am Nachmittag des 22. April sprach Koch noch einmal davon, daß er, wenn Hitler zu
einem Übereinkommen mit den Westmächten gelange und ein neuer Entscheidungs-
kampf im Osten beginne, nach den Ereignissen in Ostpreußen mit den Russen erheblich
anders umgehen werde als während seines kurzen Wirkens als Reichskommissar in der
Ukraine. Er rechnete für diesen Fall, wenigstens nach außen hin, noch immer damit,
wieder Herr in seinem "Reich von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer" zu werden.
Aber das waren wohl nur noch letzte Äußerungen vor dem unwiderruflichen Zusam-
menbruch.

Die Angehörigen seines Stabes wurden von Stunde zu Stunde von größerer Unruhe erfüllt.
Den einen beseelte Mißtrauen gegenüber den anderen. Die meisten erfüllte Angst und
Furcht. Aber neben der Angst vor den Russen, die jetzt vor Pillau kämpften, und, wie
ein aus Königsberg auf wunderbare Weise entkommener Ortsgruppenleiter berichtete,
mit sämtlichen Parteileuten kurzen Prozeß machten, erhob sich die Angst vor einer
allzu deutlichen Offenbarung der eigenen Furcht. Der gleiche Kreislauf, der an so vielen
Stellen hinter dem Wahnsinn der letzten Wochen stand, nistete auch in dem Hause in
Neutief und charakterisierte die letzten Tage.

In der Nacht vom 22. auf den 23. April lieferten Meldungen aus Pillau die Gewißheit, daß
der Hafen spätestens am 24. oder 25. April verlorengehen würde. Koch entschloß sich
daraufhin am 23. April an Bord der 'Königsberg' zu gehen und Neutief zu verlassen. Er tat
dies, nachdem er sich vergewissert hatte, daß die Funker auf seinem Schiff in der Lage
waren, den Funkverkehr mit dem Führerhauptquartier fortzusetzen und damit eine weitere
Vorspiegelung seines "heroischen Kampfes auf ostpreußischem Boden" zu sichern.

Die 'Ostpreußen' lag nun schon seit Anfang April 1945 im Pillauer Hafen unter Dampf. Der
Eisbrecher war mit Flakartillerie bestückt und hatte außer seiner Besatzung deren Bedie-
nungsmannschaften und eine Gruppe von Funkern an Bord. Er war nicht der Kriegsmarine
unterstellt worden und hatte keine Flüchtlinge an Bord genommen, obwohl er Hunderten
von Menschen Platz geboten hätte. Sowjetische Flugzeuge griffen ihn mehrfach an. Die
Flakbedienung hatte dabei schwere Verluste und beerdigte ihre Toten an Land.

Am Nachmittag des 23. April, als Pillau schon brannte und im schweren Feuer der sowje-
tischen Artillerie lag, kam eine Barkasse, von der Nehrung herüberfahrend, längsseits.
Ihr entstieg ein SS-Offizier des Stabes Koch. „Das Schiff“, erklärte er dem Kapitän, „hat
auf Befehl des Gauleiters und Reichsverteidigungskommissars heute Abend gegen 19 Uhr
auslaufbereit zu sein. Der Gauleiter wird sich kurz vorher mit seinem Stabe an Bord bege-
ben. Ich habe den Auftrag, die Verladung wichtiger Güter zu beaufsichtigen“.

Der Kapitän schwieg, aber seine Augen verrieten, was er in diesem Augenblick dachte.
Er hatte lange genug auf diese Stunde gewartet. Kurz darauf kam ein größeres Boot längs-
seits, das den Mercedeswagen des Gauleiters brachte. Er wurde auf Befehl des SS-Führers
an Bord gehievt und an Oberdeck festgezurrt. Die Besatzung der 'Ostpreußen' packte
Schrankkoffer, umfangreiches sonstiges Gepäck und zahlreiche Kisten mit Proviant und
Getränken, die für eine sehr lange Reise ausreichten, an Bord. Die Verladungen waren
am Spätnachmittag beendet. Auf der Pier im Hafen lag bereits Granatwerferfeuer.
Flüchtlinge gingen an Bord von Booten und Prähmen.

Gegen 18 Uhr machte ein neues Boot mit Erich Koch, seinem Stab und seiner Leibwache
fest. Kochs vierschrötige Gestalt, an diesem Tage noch in brauner Uniform, erschien für
kurze Zeit an Deck. Sein grobgeschnittenes Gesicht wurde zwischen den Gestalten seiner
Umgebung sichtbar. Dann verschwand er in den für ihn bestimmten Räumen. Gleich darauf
lief der Eisbrecher aus und ließ die brennende Stadt Pillau und die Nehrung hinter sich
zurück. Koch erteilte Befehl, zunächst Hela anzulaufen. Der General von Saucken wurde
weder von Koch noch von einem Angehörigen seines Stabes über die Abfahrt des Reichs-
kommissars unterrichtet.

Die 'Ostpreußen' lief am 24. April früh Hela an. Die Funker gaben unentwegt Meldungen
als „geheime Reichssache“, welche in Berlin den Eindruck erwecken mußte, als halte
Koch sich in dem umkämpften Pillau, zumindest aber auf der Nehrung auf. Sowjetische
Flugzeuge schwebten auch über Hela in der Luft, warfen Bomben und flogen Tiefangriffe
auf Prähme und Schiffe, die Flüchtlinge, Soldaten und Verwundete an Bord nahmen.
Sowjetische Artillerie schoß von der Oxhöfter Kempe herüber und traf ab und zu in die
Verladungen. Es gab Tote und Verwundete, Schwerverletzte lagen auf den schmalen
Molen.

Als das Feuer nachließ und die Flieger abflogen, begab sich Koch an Land. Umgeben von
seiner Wache, schritt er durch die wartenden Flüchtlinge hindurch, welche die Angriffs-
pausen benutzten, um nach Schiffen Ausschau zu halten. Die Blicke, die ihm folgten, waren
zwiespältig. Sie zeigten ebenso verbissene Wut wie Furcht. Sie zeigten aber auch die unend-
lich schwer verlöschende Hoffnung derer, die zu viele Jahre lang geglaubt hatten, und selbst
jetzt noch in irgendeinem Winkel ihres Herzens hofften, der brutale Koloß Koch, der Mann
der ewigen großen Worte, bringe irgendeine Lösung, eine Rettung oder das Wunder, von
dem er so oft gesprochen hatte. Aber Koch dachte nicht daran, ihnen irgendetwas zu bringen.
Er ging zum Seekommandanten und forderte mit der Begründung, er müsse in dringendem
Auftrag zum Führer, ein Sondergeleit für sein Schiff, um die minen- und U-Boot-gefährdeten
Gewässer vor der pommerschen Küste passieren zu können. Und hier erfuhr er nun, vielleicht
zum ersten Male, daß das Gebäude seiner Macht keinen Grund mehr besaß. Der Marineoffizier
kannte ihn. Er hatte in Pillau genug seiner großen Worte gehört und fühlte sofort, daß Koch
keinen wirklichen Auftrag mehr hatte, sondern auf der Flucht nach dem Westen war. Er
erklärte ihm, daß er über kein Sondergeleit verfüge. Der Reichskommissar müsse sich einem
der Flüchtlingsgeleite anschließen, die in der kommenden Nacht nach Kopenhagen abgehen.
Koch brauste auf. Er hob die berühmte geballte Faust, mit der er einmal Beamte nieder-
geschlagen hatte, die ihm nicht folgsam waren. Aber er vergaß, daß der Offizier ihm gegen-
über in den letzten Wochen so viel Gewalt und Not und Elend gesehen hatte, daß ihn nichts
mehr schrecken und erschüttern konnte, weder Drohung noch Gewalt noch der verfallende
Nimbus eines Namens. Das alles war für ihn nur noch Schall und Rauch. Kochs Drohung
glitt an einem Manne ab, der so weit jenseits aller Dinge stand, daß er sich kaum noch die
Mühe zur Verachtung nahm.

Der Marineoffizier wiederholte, er verfüge über kein Sondergeleit. Er sei nicht einmal in
der Lage, seine großen Flüchtlingsgeleite notdürftig zu sichern. Das aber sei seine Aufgabe.
Er könne und werde keins seiner Boote für andere Aufgaben abzweigen. Koch möge sich,
wie bereits gesagt, einem der normalen Geleite anschließen. Außerdem müsse er ihn
bitten, einige Hundert Flüchtlinge an Bord zu nehmen, für die er zweifellos Platz habe.
Koch fühlte, wie sein Nimbus, der so lange Zeit Millionen von Menschen gebeugt hatte,
unter seinen Händen dahinschwand. Er hätte versuchen können, das Sondergeleit über
Bormann und den führertreuen Admiral Kummetz in Kiel zu erzwingen. Aber er hätte
dazu seine Fluchtabsichten frühzeitig enthüllen müssen. Und es wäre in der allgemeinen
Verwirrung nur noch ein Versuch geblieben. Er trat daher mit drohenden, aber leeren
Worten den Rückzug an.

Aber das Bewußtsein dieses Rückzuges trieb ihn unwiderstehlich dazu, noch einmal
seine Macht über Menschen zu versuchen. Von seiner Wache umgeben, suchte er im
Chaos der Insel nach ostpreußischen Flüchtlingen, von denen genug in den Waldstücken
lagerten. Mit gewollt brutalem Schritt, breit und gut genährt, trat er zwischen die Ab-
gerissenen und richtete einige Worte an sie. Es waren Worte, an die er selbst nicht mehr
glaubte. Er sagte zwar nicht mehr: „Wir werden Ostpreußen behaupten, wir werden uns
an den Boden krallen und notfalls vor den Schwellen unserer Türen fallen“. Aber er
sagte: "Ostpreußen ! Ihr könnt sicher sein, wir werden uns Ostpreußen wieder holen.
Es wird nicht mehr lange dauern. Ich bin unterwegs zu einer entscheidenden Bespre-
chung beim Führer, welche die große Wende bringen wird."

Die Ostpreußen horchen schweigend. Wiederum taten es viele mit der einfach nicht zu
mordenden Hoffnungsfreudigkeit der Verzweifelten. Möchten sie den Strapazen, der
plötzlich vor ihnen stand, in der Not der Flucht tausendmal verflucht haben, jetzt
horchten sie doch noch einmal auf. Vielleicht hatte er tausendmal gelogen um jetzt
ein einziges Mal recht zu behalten. Es waren allerdings auch die anderen da, die Koch
ansahen wie eine Erscheinung aus einer anderen Welt, diejenigen, die am liebsten
höhnend gelacht oder ihn verflucht oder ihm ein Messer in den Wanst gejagt hätten.
Aber sie hielten sich zurück, weil die große Furcht sie immer noch umfangen hielt.

Selbst die groben, niemals von Feinheiten angekränkelten Sinne Kochs fühlten jedoch
die verborgene Feindschaft. Und in ihm stieg der unbeherrschte Haß auf, den er immer
gegen alle diejenigen empfunden hatte, die seinem Willen und seinen Ideen nicht hatten
folgen wollen. Es war zugleich der Haß des Stürzenden. Er wandte sich mit einem kurzen
"Heil", das wie blutiger Hohn klang. Es trieb ihn zu seinem Schiff zurück. Aber da schien
ihm der Weg durch einige hundert Flüchtlinge verlegt. Es hieß, der Seekommandant
habe sie zusammengerufen und die Bedauernswertesten ausgesucht, um Koch auf
diese Weise noch einmal an sein leeres Schiff zu erinnern. Aber als Koch die Flüchtlinge
erblickte und die Zusammenhänge begriff, verstärkte sich noch die Wut in ihm. Wer
erlaubte sich, ihm Mahnungen zu erteilen ? Ein kleiner Seeoffizier ? Ein Offizier über-
Haupt ? Der Wahn seines gottähnlichen Herrentums, dem er sich zu lange hatte hin-
geben können, erfaßte ihn wieder ganz. Er schritt durch die Leute hindurch. Er sah
ihre hohlen Augen nicht. Er wollte sie nicht sehen. Ein ostpreußischer Volkssturmführer,
ein alter Parteimann, einer der kleinen Idealisten, deren kindliche Vorstellungen sich
nur selten mit der Wirklichkeit gedeckt hatten, schob sich kurz vor dem Wasserloch in
seinen Weg und bat mit bebend erregter Stimme, seine überlebenden ostpreußischen
Volkssturmleute, für die es auf Hela keine Verwendung mehr gab, mitzunehmen. Er wich
völlig verwirrt zurück, als Kochs brutal glühendes Gesicht sich ihm zuwendete und ihm
zornig zurief, was er sich einbilde, warum er ihn mit solchem Dreck belästige. Er sagte
in zorniger Unbeherrschtheit "Dreck !" Aber er vergaß nicht sein Schauspielertum und
setzte hinzu, er benötige sein Schiff zu kriegsentscheidenden Dingen.

Dann gab er sich, so schnell er konnte, an Bord zurück. Sein Verhalten entsprang jedoch
nicht nur seinem aufbrausenden Herrentrotz. Er mußte nichts mehr fürchten, als Flücht-
linge und Fremde an Bord zu bekommen, die ihm in seine Karten sehen und seine Fahrt
behindern konnten. Er hatte seine Besatzung und vor allem die Funker rechtzeitig durch
den SS-Untersturmführer Bauer vereidigen und den Leuten sofortige Erschießung androhen
lassen, falls sie „aus der Reihe tanzten“. Noch konnte er nicht übersehen, wohin ihn
seine Fahrt führen würde. Und auf keinen Fall wünschte er mehr Mitwisser zu besitzen,
als unbedingt notwendig waren. Diesem Wunsch entsprang der letzte der wütenden
Auftritte, die Kochs Aufenthalt vor der Hölle von Hela kennzeichneten.

Als er nach der Rückkehr von der Halbinsel der Unseligen, von seinen Windhunden gefolgt,
erregt hin und her marschierte, entdeckte er auf dem Bootsdeck der 'Ostpreußen' einen
ihm unbekannten zehnjährigen Jungen. Er hielt ihn fest und schrie ihn an, wie er an Bord
gekommen sei. Der Junge zitterte vor Angst und gestand, daß sich auch seine Mutter und
sein Bruder an Bord befänden. Der erste Maschinist der 'Ostpreußen', ein Königsberger,
hatte seine Familie auf das Schiff gerettet und versteckt. Koch rief nach seiner Wache
und befahl, sofort die blinden Passagiere von Bord zu jagen und auf Hela abzusetzen.
Da stieg der Maschinist an Deck, der Böses ahnend, den Lärm vernahm. Er trat auf den
Gauleiter zu. Auch ihm war die Furcht vor dem Gewaltigen nicht fremd. Aber die Wut
über so viel Erbarmungslosigkeit und die Angst vor dem Schicksal seiner Familie übermann-
ten ihn. Wenn seine Familie von Bord gejagt werde, rief er, dann habe das Schiff seine
letzte Fahrt getan, und er garantiere dafür, daß es Hela nicht verlassen werde. Koch
schreckte für einen Augenblick zurück. Dann schrie er nach Verhaftung und Erschießung.
Er bebte vor Wut. Aber der Kapitän, selbst am Ende seiner Zurückhaltung, trat neben
seinen Maschinisten. Und Koch blieb ein neuer Rückzug erspart, weil er weder den Kapitän
noch den Maschinisten für seine Flucht entbehren konnte. Aber er wünschte die Familie
und den Maschinisten nicht mehr zu sehen. Er verbannte die Frau und die Kinder in eine
fensterlose Lagerkammer.

Die 'Ostpreußen' verließ Hela bei sinkender Nacht. Sie entrann glücklich sowjetischen
Minen und Torpedos. Auch während der Fahrt nördlich der pommerschen Küste ließ
Koch noch Meldungen über den Widerstand in Pillau und auf der Nehrung nach Berlin
funken. Aber von dort kamen kaum noch Nachrichten, außer einigen propagandistischen
Aufrufen Bormanns. Koch begann, im Dunkel zu tappen. Er konnte seine eigenen Meldungen
nicht bis ins Uferlose fortsetzen. Aus einzelnen Nachrichten ging immerhin hervor, daß
keine Aussicht mehr bestand, dorthin zu gelangen, und daß der Kampf in Berlin in Kürze
zu Ende gehen müsse. Es gab schließlich Nachrichten über den Verrat Görings und den
Verrat Himmlers. Daraufhin ließ Koch die letzten Hoffnungen auf Hitler, aber auch die
letzten Rücksichten fallen und dachte nur noch an die eigene Rettung. Die 'Ostpreußen'
lief Rügen an. Aber Rügen war inzwischen zur Festung erklärt worden, und der Festungs-
kommandant untersagte dem Schiff den Aufenthalt im Hafen. Der Eisbrecher ging darauf-
hin auf der Reede vor Anker. Koch und seine Umgebung begannen hier, auch vor der
Besatzung, jede Maske fallen zu lassen. Koch umkreiste in nicht mehr zu bändigender
Nervosität das Oberdeck. Einzelne seiner Herren suchten selbst durch Angeln ihrer
Unruhe Herr zu werden. Plötzlich wurden die ersten Verkleidungen sichtbar. Die
braunen Uniformen wurden durch einfache Wehrmachtsuniformen ersetzt. Zivilanzüge
wurden getragen. Die Verkleidungen wechselten häufig, offenbar, um die bestmöglichste
Tarnung herauszufinden. Koch selbst begann, Zivil zu tragen, dann aber die Uniform
eines einfachen Schützen auszuprobieren. Einige Kreisleiter verwandelten sich in Flak-
soldaten. Wohlvorbereitete falsche Papiere gab es plötzlich in Mengen. Ein beispielloser
Akt der Demaskierung und Maskierung nahm seinen Anfang. Die Hybris des Heroismus,
des Glaubens an den Sieg, dieses ganze krankhafte Schauspiel brach über Nacht zusam-
men. Dies ereignete sich für die einfachen Matrosen und Flaksoldaten an Bord, die auch
jahrelang ihren Glauben in sich getragen hatten, so jäh, daß sie eine tiefe Verwirrung
befiel und sie fassungslos vor den Ereignissen stehen ließ. Es zeigte sich jetzt, daß jeder
im Stabe Kochs sich insgeheim für eine Flucht gerüstet hatte. Als über Nacht niemand
vor niemandem etwas zu verbergen hatte und Koch selbst das Beispiel gab, enthüllten
alle ihre Geheimnisse und die Hohlheit ihrer Welt.

Koch versuchte, angesichts der Bedrohung Rügens durch die Russen und der Unmöglichkeit,
hier an Land zu kommen, nach Dänemark zu gelangen. Er hatte noch keinen endgültigen
Plan für sein eigenes Untertauchen. Er schwankte hin und her. Der Eisbrecher nahm Kurs
auf Bornholm, um, ohne Geleit, wie er war, durch die verhältnismäßig minenfreien
Gewässer vor der schwedischen Küste Kopenhagen zu erreichen. Am 30. April kamen
bei Nacht die hell erleuchteten schwedischen Uferstraßen in Sicht. Einen Tag später
nahmen die Funker die Meldung über Hitlers Tod und gleich darauf einen langen Spruch
der neuen Regierung des Großadmirals Dönitz auf. In diesem Spruch gab Dönitz seine
Absicht bekannt, den Krieg im Westen zu beenden, im Osten aber weiterzukämpfen.
Als der Tod Hitlers in Kochs trinkendem und debattierendem Stab bekanntgegeben wurde
erhob sich kein einziger der Anwesenden von den Plätzen. Koch, der unentwegt mit Gedan-
ken an die Möglichkeiten seines Untertauchens beschäftigt war und sogar den Plan einer
Landung in irgendwelchen abgelegenen norwegischen Fjorden erwogen hatte, erhielt
dagegen durch den Funkspruch Dönitz vorübergehend einen letzten inneren Auftrieb.
Er beschloß, von Dänemark nach Flensburg weiterzufahren und sich Dönitz für den
Kampf um den Osten zur Verfügung zu stellen. Diese Aussicht bewegte ihn auch dazu,
am 2. Mai in Kopenhagen an Land zu gehen, den Gedanken des Untertauchens noch
einmal zurückzustellen und den Versuch zu unternehmen, vor Flüchtlingen in Dänemark
über den weiteren Kampf im Osten zu sprechen, um sich selbst noch einmal aus der
Versenkung der Namenlosigkeit, die sich bereits dicht vor ihm auftat und ihn zu ver-
schlingen drohte, zu erheben. Noch einmal überfiel ihn die Verlockung der genossenen
Macht.

Kopenhagen stand bereits im Zeichen eines befürchteten Aufruhrs der Dänen. Niemand
durfte die 'Ostpreußen' verlassen. Koch setzte sich telefonisch mit dem Hauptquartier
des Wehrmachtsbefehlshabers in Dänemark, Generaloberst Lindemann, in Silkeborg
in Verbindung. Er erfuhr jedoch von einem Offizier des Stabes, dem Oberstleutnant
von Wedel, daß man ihn nicht zu sehen und nicht zu empfangen wünsche und ihm
empfehle, dänischen Boden nicht zu betreten. Trotzdem gelang es Koch, als Zivilist an
Land zu kommen und einige Flüchtlingslager in der Umgebung Kopenhagens zu besuchen.
Aber diese Besuche waren nicht dazu angetan, seine letzten Hoffnungen zu fördern.
Sie zerstörten vielmehr diese Hoffnungen und trieben Koch zurück in die Vorberei-
tungen zur Flucht.

Am 5. Mai wurde der 'Ostpreußen' ein weiterer Aufenthalt im Hafen von Kopenhagen
untersagt. Der Seekommandant verweigerte jeden Geleitschutz. So passierte der
Eisbrecher auf gut Glück den kleinen Belt. In Aarhus schossen Dänen auf das Schiff.
Am Morgen des 7. Mai erreichte die 'Ostpreußen' endlich Flensburg, und Koch erfuhr
von der dicht bevorstehenden Kapitulation. Diese Nachricht zerstörte den allerletzten
Halt. Man war bemüht, sich der Besatzung und ihrer Zeugenschaft so schnell wie möglich
zu entledigen. Aber noch während deren Entlassungspapiere unterzeichnet wurden,
warf man Waffen, Parteiuniformen und belastende Dokumente über Bord, Koffer und
Kisten wurden an Land gebracht, und Kochs Umgebung zerstreute sich in den verschie-
densten Verkleidungen. Koch selbst hinterließ das Gerücht, er begebe sich zum Groß-
admiral Dönitz, um dort weiter seine Pflicht zu tun. In Wirklichkeit nutzte er das Chaos
dieser letzten Tage, um als 'Hauptmann a. D. Berger' mit falscher Uniform und falschen
Papieren zu verschwinden und ein verborgenes, unbedeutendes Leben zu beginnen,
welches dem Leben ähnelte, das er vor seinem Aufstieg zur Macht einmal geführt hatte.

Quelle: Wir Ostpreußen, 15. September 1949

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Die Tragödie zwischen Weichsel und Elbe.
Jürgen Thorwald 'Es begann an der Weichsel' — 'Das Ende an der Elbe'.

beide im Steingrüben-Verlag, Stuttgart. Preis 7,80 und 9,20 DM.

Unsere Leser entsinnen sich jener Darstellungen, die wir aus Jürgen Thorwalds Buch
„Es begann an der Weichsel" nach seinem Erscheinen abdruckten, jener klaren,
unbedingt sachlichen, gerade darum so dokumentarisch wirkenden Schilderung der
Flucht unserer Landsleute vor dem Entsetzen. Das Buch war die erste umfassende
und gültige Gestaltung des Unterganges unserer Heimat, des letzten Kampfes der
Verteidiger, der Blindheit der Befehlshaber und des Elends der gehetzten Bevölkerung.

Jetzt übergibt der Autor der Öffentlichkeit die Fortsetzung seines Werkes:
„Das Ende an der Elbe". Es schildert den letzten Sturm der Russen über die Oder,
den Zusammenbruch der Ostfront, die Schlacht um Berlin und die um Prag, den
Untergang der Reichskanzlei und das Ende der Wehrmacht. Es schildert die zum
Wahnsinn werdende Unvernunft der Führung, die Anstrengungen einzelner Offiziere
und ihrer Truppen, vor dem Osten zu retten, was zu retten war, die äußerste Not der
mit den zurückflutenden Truppen mitziehenden Trecks der Vertriebenen und vor
allem das unbegreifliche Verrennen der Russen durch die Amerikaner, die immer
wieder Truppen und Flüchtlinge zurückweisen, die sich mit letzten Kräften zu den
amerikanischen Linien durchschlagen, um dem Gefangenen- und Verschleppten-
schicksal zu entgehen. Aber vom Generalstab bis in die erste Linie glaubten die
Amerikaner damals, im Russen einen fairen Partner sehen zu sollen, in unseren
Darstellungen russischer Brutalität dagegen nur Versuche, die Alliierten zu entzweien.

Thorwalds Darstellung beruht auf erstaunlicher Kenntnis der Vorgänge bei den Führern
wie bei den leidenden Massen bis in die Einzelheiten. Die Stilmittel des Berichtes und
die der Erzählung sind in glücklicher Weise verbunden. Die Tatsache, dass Thorwald
nicht über die Schuldigen herfällt, sondern ihren Charakter zu erkennen und ihm in
Stärken und Schwächen gerecht zu werden versucht, macht das Verständnis der ganzen
Tragödie überhaupt zum ersten Male möglich. Und so entsteht hier auch ein Bild
unseres Schicksals, unserer Vertreibung, ihrer Hintergründe und ihres furchtbaren
Verlaufs, das nicht aus politischen Interessen des Tages entworfen wird, sondern den
Bestand und die Gültigkeit eines unanfechtbaren Dokumentes hat. C. K.

Quelle: OSTPREUSSENBLATT, 20. November 1950

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