Die Garnison Königsberg.

Die Garnison Königsberg.

Beitragvon -sd- » 29.08.2018, 20:18

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Die Garnison Königsberg.

Bis 1914 waren in Königsberg untergebracht: das Generalkommando des I. Armee-
korps auf dem Vorderroßgarten, das Kommando der 1. Division im Dienstgebäude
Königstraße 27, die Stäbe der 2. Infanterie-, der 1. Kavallerie- und der 1. Feld-
artillerie-Brigade sowie das Kommando der Pioniere I. A. K. und die 1. Festungs-
inspektion, schließlich das Gouvernement der Festung Königsberg auf dem Hinter-
roßgarten.

Es waren vornehme Regimenter, welche bis zum Ende des ersten Weltkriegs die
Königsberger Kasernen beherbergten. Da gab es die Regimenter 'König', 'Kronprinz',
'Herzog', 'Graf' und 'von' sowie das Bataillon 'Fürst'. Das Grenadier-Regiment Kron-
prinz (1. Ostpr.) Nr. 1 lag in der 'Defensionskaserne Kronprinz' auf dem Herzogs-
acker, welche zur Befestigung der alten Stadtumwallung gehörte. Es hatte früher
einen Mohren als Musikmeister, Sabakel-Cher; er stammte von Nordafrikanern ab,
die sich Prinz Albrecht (Vater) als Lakaien mitgebracht hatte. Kronprinz Wilhelm
stand seit seiner Großjährigkeit am 6. Mai 1900 á la suite und wurde am 24. März
1918 — nach der großen Frühjahrsoffensive in Frankreich — Chef des Regiments.
Das Grenadier-Regiment König Friedrich Wilhelm I. (2. Ostpr.) Nr. 3 hatte 1913
mit Teilen die neue Grenadier-Kaserne in der Cranzer Allee bezogen; sein Chef
war S. M. der Kaiser.

Das Infanterie-Regiment Herzog Karl von Mecklenburg-Strelitz (6. Ostpr.) Nr. 43
lag in der Infanterie-Kaserne am Trommelplatz; sein II. Bataillon stand in Pillau.
Es führte bei seiner Musik einen Paukenwagen, der von einem Bernhardinerhund
gezogen wurde, welcher abwechselnd 'Sultan' oder 'Pascha' hieß. Er war bei
Königgrätz dem österreichischen Regiment Toscana abgenommen worden. Bei
hohem Besuch aus der Doppelmonarchie durfte 'Sultan' nicht mit paradieren,
um die Gefühle der Bundesbrüder nicht zu verletzen. — Da die Kasernen nicht
annähernd ausreichten, waren einzelne Kompanien in den Bastionen der alten
Stadtumwallung untergebracht und auch in den Außenforts an der Ringchaussee,
deren es 12 gab. Diese trugen die Namen preußischer Könige — eins 'Königin
Luise' — oder bekannter Staatsmänner — Fort I 'Stein', bei Lauth — und der alten
Adelsfamilien Ostpreußens: Fort IX auf dem Karschauer Exerzierplatz hieß 'Dohna',
dann folgte Fort Dönhoff, Kanitz, Eulenburg bei Neuendorf südlich des Pregels.
Die Kavallerie war durch das Kürassier-Regt. Graf Wrangel (Ostpr.) Nr. 3 ver-
treten, lag in der Kürassierkaserne am Tragheimer Wall; eine Schwadron, des-
halb Schloßschwadron genannt, lag in der Schloßkaserne, wo auch die Dienst-
wohnung des Regimentskommandeurs war. An dieser Stelle ist später die
neue Reichsbank erbaut worden. Die Artillerie war mit drei Regimenter sehr
stark vertreten: Das 1. Ostpr. Feldartillerie-Regt. Nr. 16 lag seit 1913 in der
neuen Artilleriekaserne an der Cranzer Allee / Kanonenweg. Das 2. Ostpr.
Feldartillerie-Regt. Nr. 52 hatte die alten Kasernen 'Auf dem Habergebirge'
inne. Das Fußartillerie-Regt. von Linger (Ostpr.) Nr. 1 hatte 1913 die neuen
Kasernen in Ponarth bezogen. Sein halbes II. Bataillon stand in Lötzen
(Feste Boyen). Das Pionier-Batl. Fürst Radziwill (Ostpr.) Nr. 1 und das
Samländische Pionier-Batl. Nr. 18 hatten ihre Kasernen in Kalthof. Das Batl.
18 war im Ausbau zu einem Festungs-Pionier-Regiment begriffen. Draußen in
Sprind, in der Nähe der Schießstände, war auch die Festungsfunkenstation,
betrieben von der Festungs-Fernsprech-Kompanie Nr. 3. Ferner lag da in
Barackenunterkunft die Festungs-MG-Abteilung Nr. 1, welche dem Gren.-Regt.
Kronprinz als 14. Kompanie zugeteilt war. Der Luftschiffhafen Seerappen war
mit der 2. Komp./Luftschifferbatl. Nr. 2 belegt, an deren Stelle jedoch die
1. Kompanie/Luftschifferbatl. 5 aus Allenstein treten sollte. Der Königsberger
'Z 5' wurde in der Schlacht bei Tannenberg abgeschossen. In Devau am Rande
des großen Exerzierplatzes war die Kaserne der 3. Kompanie/Flieger-Batl. Nr. 2,
welcher so bekannte Flieger wie der damalige Leutnant angehörten. Die Ostpr.
Train-Abteilunq Nr. 1 war mit ihren 4 Eskadrons auf dem Haberberg kaserniert.
Außerdem gab es noch ein Artillerie- und ein Traindepot, die Militärlehrschmiede
am Steindamer Tor, die 2. Remontierungskommission, einen Pferdevormusterungs-
kommissar, die Arbeiter-Abt. in der Bastion Litauen mit Leuten, welche in die
2. Klasse des Soldatenstandes versetzt waren und keine Kokarde tragen durften;
ferner das Bekleidungsamt des I. Armeekorps, den Brigadier der 1. Gendarmerie-
Brigade, das Garnisonlazarett in der Yorkstraße, ein Proviantamt, 3 Militärbau-
Ämter und eine Garnisonverwaltung, welche Ämter der Intendantur des I. Armee-
korps unterstellt waren.

Zur Zeit des 100 000-Mann-Heeres der Reichswehr war die Garnison Königsberg
natürlich erheblich zusammengeschmolzen. An höheren Stäben gab es das
Wehrkreiskommando I (zugleich Kommando der 1. Division), den Stab des
Artillerieführers I und die Festungskommandantur. Die Truppe bestand aus dem
Regts.Stab, I. und A-Batl. sowie der 13. (MW) Kompanie des 1. (Preuß.)
Infanterie-Regiments, der 6. Eskadron des 2. (Preuß.) Reiter-Regiments — sie
wurde später nach Allenstein verlegt. Dem Regts.-Stab mit der II. Abteilung
und der Ausbildungs-Batterie des 1. (Preuß.) Artillerie-Regiments, dem 1.
(Preuß.) Pionier-Batl. zu 2 Kompanien und einer Brückenkolonne mit Schein-
werferzug, der 1. (Preuß.) Nachrichten-Abt, zu 2 Kompanien, der 1. (Preuß.)
Kraftfahr-Abt. mit dem Stab, der 1. und 3. Kompanie, der 1. (Preuß.) Fahr-
Abteilung mit dem Stab, der 2. und 4. Eskadron sowie der 1. (Preuß.) Sanitäts-
Abteilung, deren Kommandeur zugleich Divisionsarzt war. Außerdem gab es
noch das Standortlazarett, ein Nebenzeugamt, eine Munitionsanstalt und
eine große Anzahl Ämter, welche verschiedenen Heeresverwaltungszwecken
dienten.

Im Zuge des Aufbaus der neuen Wehrmacht wuchs die Garnison Königsberg zu
noch nicht dagewesenem Umfang. Für das Generalkommando des I. Armeekorps
waren nacheinander drei große Bürohäuser an der Cranzer Allee entstanden.
Das Infanterie-Regt. 1 stand geschlossen mit seinen drei Bataillonen, der
13. (JG)- und der 14. (PzAbw.)-Kompanie in Königsberg; seine Kasernen waren
entsprechend vergrößert worden. Die Artillerie wurde um die schwere motori-
sierte Abt, II./A. R. 37 und um die Beobachtungs-Abt. 1 vermehrt. Zum Kdr.
der Pioniere I trat außer dem Pi-Batl. 1 noch das motorisierte Korps-Pi-Batl. 41.
Ferner lag da die Aufklärungs-Abt. 1, der 1. Kavallerie-Brigade in Insterburg
unterstellt. Dem Kdr. der Nachrichtentruppen I war die Korps-Nachr.-Abt. 41
unterstellt sowie die Festungs-Funkstelle und eine feste Horchstelle, die zunächst
noch in Cranz untergebracht war. Dem Kdr. der Panzerabwehrtruppen I waren
ausbildungsmäßig die Pz.-Abw.-Abteilungen 1, 11 und 21 zugeteilt, die in ihren
Divisionsbereichen lagen. Die Kommandantur der Befestigungen bei Königsberg
mit dem Festungspionierstab 1 war für die Verteidigung verantwortlich, welche
weit draußen an der Samlandküste, der Deime und am Frisching vorgesehen
war und mit der Bunkerlinie des Heilsberger Dreiecks zusammenhing. Dem
Generalkommando waren ferner unterstellt die Psychologische Prüfstelle I, das
Wehrmacht-Fürsorge- und Versorgungsamt, der Wehrkreisveterinärpark und das
Wehrkreispferdelazarett. Schließlich befanden sich in Königsberg Dienststellen,
welche dem OKW unterstanden, nämlich die Nachrichtenkommandantur und die
Wehrwirtschaftsinspektion I; dem OKH waren nachgeordnet die Transportkom-
mandantur, das Feldzeugkommando I mit einem Heereszeugamt und Heeres-
nebenzeugamt in Ponarth, das deutsche Mitglied der Verbindungsstelle Danzig,
das Heeresbekleidungsamt, die Heereslehrschmiede und die 1. Remontierungs-
kommission. Hierzu traten nun noch Dienststellen der Kriegsmarine und das
Luftgaukommando I mit starken Teilen der neuen Luftwaffe, wie Fliegeraus-
bildungsregiment, Fliegergeschwadern mit ihren Fliegerhorsten, einem Luft-
nachrichtenregiment und den Flak-Regimentern 1 und 11, für welche neue
Kasernen bei Jerusalem auf dem Südufer des Pregels erbaut wurden.

Trotz aller modernen Schutz- und Trutzmittel wurde im April 1945 doch wieder
das alte Ordensschloß der heißumkämpfte Kern der Stadtverteidigung, ebenso
wie das andere Hochmeisterschloß des Deutschen Ordens, die Marienburg.
Beide sanken unter der Wirkung der modernen Waffen in Trümmer und mit ihnen
die von ihren Erbauern die vor 700 Jahren und mehr eingeleitete Blütezeit
des deutschen Ostens.

Quelle: OSPREUSSEN-WARTE, Juni 1955

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