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Koch vor dem Auslieferungs-Tribunal.

BeitragVerfasst: 20.09.2017, 18:22
von -sd-
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Koch vor dem Auslieferungs-Tribunal.

Vor dem britischen Auslieferungs-Tribunal in Hamburg wurde von Dienstag, den 8. November 1949
bis einschließlich Freitag, den 11. November 1949, gegen den Ex-Gauleiter von Ostpreußen, Koch,
über Anklagen verhandelt, die in den von Polen und Sowjetrußland im August 1949 erhobenen Aus-
lieferungsbegehren enthalten sind. Dieses Tribunal fällt keine Entscheidung über die Auslieferung,
diese wird vielmehr von dem britischen Hohen Kommissar getroffen. Das Gericht spricht lediglich
eine Empfehlung aus; die entscheidende Stelle ist nicht verpflichtet, sich an diese zu halten. Auch
handelt es sich bei dem Verfahren nicht um eine Gerichtsverhandlung im eigentlichen Sinne des
Wortes, sondern das Gericht wollte sich, wie auch sonst bei Gesuchen um Auslieferung, lediglich
ein ausreichendes Bild davon machen, ob das Auslieferungsbegehren berechtigt ist oder nicht. So
traten z. B. vor Gericht auch keine Belastungszeugen auf, es wurden lediglich die polnischen und
russischen dokumentarischen Unterlagen behandelt. Den weitaus größten Teil der viertägigen
Verhandlung nahm die Vernehmung Kochs ein; er konnte nach der englischen Gerichtssitte in
eigener Sache als Zeuge unter Eid aussagen, und er wurde dabei zunächst von seiner Verteidigerin
und dann von dem Ankläger befragt. Um das Ergebnis gleich vorweg zu nehmen: Koch stritt nicht
nur ab, mit den Dingen, die in dem polnischen und russischen Anklagematerial ausgeführt werden,
vor allem also den Massenhinrichtungen, überhaupt etwas zu tun zu haben, er behauptete auch
und blieb auch bei einer Befragung durch den Präsidenten dabei, von all dem nichts gewußt zu
haben. Sein Gewissen sei rein. Die Entscheidung des Hohen Kommissars, ob Koch ausgeliefert wird,
wird erst in einiger Zeit bekanntgegeben werden.

Die Verteidigerin von Koch, Frau Heitmann-Asher-Hamburg, Spezialistin in Auslieferungsverfahren,
versuchte zunächst eine Vertagung von acht Wochen zu erreichen; sie wollte den ehemaligen
Reichsminister Lammers, den ehemaligen Staatssekretär Stuckart und von Manstein als Zeugen
vernommen wissen. Der Ankläger erwiderte, es sei vor genügend langer Zeit bekanntgegeben
worden, welches die Punkte der Anklage sind. Der Versuch, von Manstein als Zeugen zu laden,
sei frivol. Präsident Mr. Stehen betonte, daß das Auslieferungs-Tribunal auf Bestimmungen des
Kontrollratsgesetzes Nr. 10 beruhe. Es könne einem Antrag auf Auslieferung auch ohne Verfah-
ren vor diesem Tribunal zugestimmt werden, und nur in der Britischen Zone leiste man sich den
Luxus, eines solchen Tribunals. Man tue das, um fair zu sein. Im übrigen entscheide das Gericht
nicht, sondern spreche lediglich eine Empfehlung aus.

Der Ankläger behandelte dann das politische und das russische Anklagematerial. Es waren Ver-
ordnungen über die Einsetzung von Standgerichten, Berichte über Massenerschießungen, Verga-
sungen, Zerstörungen, Plünderungen und so weiter, die in der Zeit durchgeführt worden seien,
als Koch Chef der Zivilverwaltung in Bialystok und Reichskommissar für die Ukraine war.

Die Verteidigerin führte aus, daß eine Täterschaft des Angeklagten bei den erwähnten Dingen
nicht einmal behauptet werde, sondern nur auf ziemlich indirektem Wege eine Art von Anstif-
tung. Es würden aber nicht die spezifischen Voraussetzungen für Mord dargetan, für den Ange-
klagten in keinem Falle. Es muß dem Angeklagten aber Mord nachgewiesen werden, und zwar
im Sinne des deutschen Strafgesetzbuchs. Es sei nicht dargetan, daß der Angeklagte von den
Vorgängen überhaupt gewußt habe. Es habe in den besetzten Gebieten Behörden und Stellen
gegeben, die selbständig handelten, so die SS und den SD, den Einsatzstab Rosenberg, die
Einsatzgruppe Ohlendorf. Was diese taten, taten sie von sich aus; der Angeklagte konnte sie
nicht hindern.

Dann wurde Koch unter Eid als Zeuge in seiner eigenen Sache vernommen. 1896 in Elberfeld
geboren, habe er zunächst in seinem Elternhaus eine christlich-nationale Erziehung genossen.
Nach einer dreijährigen kaufmännischen Lehre sei er 1914 Anwärter des nichttechnischen
mittleren Dienstes der Eisenbahn geworden. In die Partei sei er 1921 eingetreten. 1928 wurde
er von Hitler als Gauleiter nach Ostpreußen geschickt und 1933 zum Oberpräsidenten von Ost-
preußen berufen. Bei seinem Versuch vor dem Tribunal eine nationalsozialistische Propaganda-
rede zu starten, wurde Koch vom Präsidenten unterbrochen; er solle zur Sache kommen.
Besonders betont Koch seine christliche Einstellung. Er habe sofort nach 1933 versucht, Fragen
der Kirche in Deutschland in positivem Sinne zu lösen und er habe es erreicht, daß Hitler ihm
die Genehmigung zum Führer der evangelischen Kirchen wählen zu lassen, sondern er habe
Führer der evangelischen Kirchen in Norddeutschland werden können. Bei diesen Versuchen,
ein klares und positives Verhältnis zwischen Staat und Kirche herbeizuführen, sei er in schwers-
te Konflikte mit Rosenberg, Goebbels und Himmler gekommen. Der zweite scharfe Gegensatz
zu Himmler habe darin bestanden, daß er dafür eingetreten sei, die Polizei solle Exekutiv-
organ der allgemeinen Verwaltung bleiben, nicht aber eine selbständige Stellung einnehmen.
Dies sei der Kampf seines Daseins gewesen, und dieser Kampf sei, so ruft er laut in den
Gerichtssaal, fast bis zu seiner physischen Vernichtung gegangen. Koch wird vom Präsidenten
aufgefordert, sich zu mäßigen. Er antwortet: Ich bitte um Entschuldigung, aber das ist mein
Temperament.

Die Vernehmung Kochs durch seine Verteidigerin lief darauf hinaus, dem Tribunal darzulegen,
daß Koch als Chef der Zivilverwaltung in Bialystok und Reichskommissar für die Ukraine ledig-
lich eine verwaltende und wirtschaftliche Aufgabe gehabt habe. Koch habe der Polizei, also
vor allem der SS und dem SD, keine Anweisungen geben können; er sei in den besetzten
Gebieten auch nicht als Gauleiter und überhaupt als Parteifunktionär in Erscheinung getreten.
Die Tätigkeit Kochs in jenen Jahren habe vor allem auf wirtschaftlichem Gebiet gelegen.

Der Ankläger kam in seiner Befragung Kochs unter anderem auf das Protkoll einer Vernehmung
des Chefs der Gestapo von Bialystok zu sprechen, in dem dieser erklärt, daß die Exekutionen
nicht ohne Zustimmung Kochs durchgeführt wurden, und in dem er verschiedene andere Koch
belastende Aussagen macht. Die Behauptung, er sei Herr über Leben und Tod gewesen, be-
zeichnet Koch als eine phantasievolle Äußerung. Auf die Frage, was er von den Erschießungen
in Plock wisse, antwortet Koch: Diese Dinge sind mir völlig unbekannt ! In Plock sei er nur
zweimal gewesen, einmal, als Himmler gekommen sei. Die Herren sollten nicht in seinem
Bereich herumschnüffeln, und da habe er als harmlose Ablenkung eine Hasenjagd veranstaltet !
In Bialystok sei er nur zwei- bis dreimal gewesen. Er habe nämlich keine Zeit gehabt, denn er
habe in Ostpreußen vierhundert gewerbliche Betriebe gegründet oder aus dem Reich nach dort
herangeholt und zu einer sozialen Stiftung vereinigt, und er habe hundert Betriebe geleitet.
Er habe sich auf sein geschultes Personal in Bialystok verlassen können.

Der Ankläger weist auf eine Verordnung zur Einsetzung von Standgerichten im Bezirk Bialystok
hin, unter der der Oberpräsident von Ostpreußen, steht. Ankläger: In der Standgerichtsverord-
nung steht, daß Sie persönlich sich das Recht vorbehalten, Fälle vor das Standgericht oder vor
das ordentliche Gericht zu bringen. Koch: Ich, das heißt hier die Behörde. Es fehlt meine
Unterschrift. Ankläger: Aber es steht doch im Text: Ich persönlich. Übernehmen Sie die Ver-
antwortung ? Koch: Das muß ich wohl schon. Ankläger: Haben die Standgerichte gearbeitet ?
Koch: Das entzieht sich meiner Kenntnis. Ich nehme an, daß sie gearbeitet haben. Wie die
Standgerichte urteilten, darauf habe er, Koch, keinen Einfluß gehabt. Koch erklärt: Wer in
Deutschland auf die Rechtsprechung Einfluß nimmt, macht sich strafbar. Ankläger: Ist es
möglich, daß tausende von Leute umgebracht wurden, ohne daß Sie etwas davon wußten ?
Koch: Das ist durchaus möglich.

Der Ankläger weist Koch nach, daß die ihm unterstellten Gebiets- und Amtskommissare aus-
führende Organe sowohl seiner Zivilverwaltung als auch der Polizei waren, und Koch bestrei-
tet es nicht. Es sei nun merkwürdig, so führt der Ankläger aus, daß gerade er als oberster
Chef keine Verbindung mit der Polizei gehabt haben wolle. Er hält ihm Dokumente vor, in
denen der oberste Polizeichef im Gebiet von Bialystok sich im Briefkopf als der Höhere SS-
und Polizeiführer beim Oberpräsidenten bezeichnet. Koch erklärt, das beim Oberpräsiden-
ten sei lediglich eine Ortsbezeichnung.

Anklagen Rosenbergs gegen Koch.

Von den Anklagen, die gegen Koch als Reichskommissar der Ukraine erhoben werden, sind
die Beschuldigungen von Interesse, die Rosenberg in einem mit dem Vermerk, Persönlich !
Geheim ! versehenen Schreiben vom 2. April 1943 an Himmler gegen Koch erhebt. Rosen-
berg war der Ansicht, daß Koch gegen die Bevölkerung zu scharf vorgehe. Koch erklärt im
Kreuzverhör vor dem Tribunal, daß er diesen Standpunkt Rosenbergs ihm gegenüber ge-
kannt habe. Rosenberg, so erklärt Koch jetzt, sei von Emigranten umgeben gewesen, die
ihn, Rosenberg, im Sinne einer rußlandfreundlichen Politik beeinflußt hätten.

Das Schreiben Rosenbergs an Himmler hat den folgenden Wortlaut: Lieber Parteigenosse
Himmler! Sie sind durch SS-Gruppenfürer Berger im Großen und Ganzen von meinem Konflikt
mit dem Reichskommissar für die Ukraine Koch unterrichtet. Meine Meinung über seine soge-
nannte Politik habe ich Ihnen einmal in Posen mitgeteilt. In der Anlage übersende ich Ihnen
den Fall Zuman, von dem Sie vielleicht gehört haben. Gleichzeitig füge ich die sachliche
Stellungnahme meiner Hauptabteilung Forst und Holz zu dieser Angelegenheit bei. Ich bitte
Sie, sich umgehend eine dienstliche Meldung über diesen Fall und was damit zusammenhängt,
vom Höheren SS- und Polizeiführer beim Reichskommissar für die Ukraine geben zu lassen.

Die Anlage zu diesem Schreiben hat den folgenden Wortlaut:
Betrifft: Reichskommissar Koch und Waldgebiet Zuman.
Wie wenig der RKU (Reichskommissar für die Ukraine) Koch sich innerlich mit seinen Aufgaben
verbunden fühlte, zeigte sich zu Beginn seiner Tätigkeit darin, daß er seit seiner Einsetzung
im Sepgtember 1942 bis Anfang oder Mitte Februar 1942 nur ein paar Mal das Reichskommis-
sariat besuchte. Diese Besuche dauerten nur sehr kurze Zeit, wobei ausgiebig zur Jagd ge-
gangen wurde. In dieser ganzen Zeit mußten die Generalkommissare, Gebietskommissare
und Ladwirtschaftsführer im harten Winter ihre Arbeit ununterbrochen unter schwierigsten
Umständen leisten. Es kamen bald Gerüchte, daß der RKU das frühere große polnische Jagd-
gut Zuman zu seinem persönlichen Jagdrevier herrichten lassen wolle. Gelegentlich eines
Besuchs in Berlin ist auch darauf die Sprache gekommen. Einmal erklärte der RKU, er habe
evtl. Jagdvorbereitungen ja auf den ausdrücklichen Wunsch des Ministers gemacht. Auf
meinen Hinweis, daß ich gar nicht daran denke, erklärt er, er habe ja einen Brief des Gau-
leiters Meyer erhalten. Nun hatte Gauleiter Meyer in Anbetracht evtl. späterer Besuche aus
dem Reich dem RKU mitgeteilt, daß dabei für die Gäste, falls sie Jäger seien, auch eine
solche Möglichkeit vorgesehen werden könnte. In keiner Weise ist hier irgendeine Weisung
auf außerordentliche Vorbereitungen gegeben worden. Nachdem der RKU von mir eindeutig
die Weisung bekam, nach dieser Richtung hin keinerlei Dinge zu unternehmen, erklärte er
später auf nochmaliges Befragen jeden für einen Verleumder, des ??? (nicht lesbar) Absich-
ten für eine Großjagd in Zuman unterschreibe. Nichtsdestoweniger kamen später wieder
Meldungen, wonach unter dem Titel eines Waldguts das etwa 70 000 Hektar große Gebiet
Zuman doch für den RKU hergerichtet würde und man beabsichtige, die dort bestehenden
Dörfer auszusiedeln und einzuäschern.

Nun erhalte ich folgende Meldung eines alten Parteigenossen, der neun Monate in Wolhy-
nien und Podolien gearbeitet hat zwecks Vorbereitung für die Übernahme eines Gebiets-
kommissariats oder einer Hauptabteilung im Generalbezirk Wolhynien und Padolien. Diese
Meldung lautet: Auf Anordnung von höchster Stelle wurde die Aussiedlung des gesammten
Rayon Zuman in die Wege geleitet. Deutsche und Ukrainer erzählten gleichermaßen, daß
dies geschehe, weil das gesamte Waldgebiet Zuman Leibjagd des Reichskommissars werden
soll. Im Dezember 1942 bei bereits gimmiger Kälte, wurde mit der Aussiedlung begonnen.
Hunderte von Familien mußten über Nacht ihre ganze Habe verpacken und wurden über
60 Kilometer Entfernung umgesiedelt. Hunderte von Menschen aber hat man in Zuman
und Umgebung unter Einsatz einer ganzen Polizei-Kompanie abgeknallt, weil sie kommu-
nistisch eingestellt waren ! Kein Ukrainer glaubt das letztere, und auch die Deutschen
sind über dieses Argument verwundert, denn dann hätte man zur gleichen Zeit, und wenn
es schon um der Sicherheit des Landes willen geschah, auch in anderen Rayons kommu-
nistisch verseuchte Elemente exekutieren müssen. Es wird im ganzen Land vielmehr ein-
deutig behauptet, daß man diese Menschen ohne Urteil lediglich abgeschossen hat, weil
die Umsiedlung zu umfangreich und in der Kürze der verfügbaren Zeit aussichtslos war
und im übrigen am neuen Ansiedlungsort nicht genügend Raum zur Verfügung stand !
Der Rayon Zuman ist heute weitgehendst entvölkert. Auch die Bauern sind aus ihm zu
einem Großteil entfernt. Jetzt stellt sich plötzlich heraus, daß man zum Zwecke der
Holzabfuhr aus diesem sehr waldreichen Rayon aus 30 und 40 Kilometer Entfernung
Bauern heranzwingen muß, die aus dem zwischenzeitlich zum Banden-Eldorado gewor-
denen Zumaner Waldgebiet den Holztransport durchführen sollen.

Ich halte es für notwendig, diesen mir gerüchteweisen bekannten Fall, der in ganz
Wolhynien und Podolien stärkste Erregung hervorgerufen hat, auch polizeilicherseits
zu überprüfen und den zuständigen Höheren SS- und Polizeiführer, SS- Obergruppen-
führer Prützmann hierzu dienstlich zu hören. Gez. A. Rosenberg

Weiter ist diesem Brief Rosenbergs an Himmler ein ausführliches Schreiben der Chef-
gruppe Forst und Holz vom 30. März 1943, unterzeichnet Oberforstrat Lerp, beigefügt,
in dem dargelegt wird, daß bei dem ungeheuerlichen Bedarf von Truppe und Kriegs-
wirtschaft an Holz und sonstigen forstlichen Erzeugnissen die Herausnahme eines
70.000 ha großen Waldgebiets für Jagd- und Repräsentationszwecke nicht verant-
wortet werden könne. Auf Anordnung des Reichskommissariats Ukraine sei im Wald-
gebiet Zuman die Harzgewinnung stillgelegt worden mindestens 300.000 Harztrachten
seien nutzlos angelegt. Zweifelsohne vor allem auch unter dem jagdlichen Gesichts-
punkt ist die Evakuierung mehrerer im Waldgebiet von Zuman gelegener Dörfer erfolgt,
und es fehlten jetzt die Gespanne und Arbeiter für Holzeinschlag und Holztransport.
Das große Sägewerke Klewan sei stillgelegt worden.

Koch erklärt, es handele sich bei den Behauptungen Rosenbergs um Verleumdungen. Es sei
so gewesen, daß das polnische Forstpersonal ihn gebeten habe, außerhalb des Waldgebietes
angesiedelt zu werden, weil die Familien von den Partisanen hingemordet worden seien.
Rosenberg habe vor Himmler, Lammers und ihm seine Beschuldigungen in aller Form zurück-
genommen.

Die Vernehmung abschließend fragt der Ankläger: Ihr Gewissen ist vollkommen rein ? Koch:
Ja ! Ankläger: Weshalb haben Sie dann unter falschem Namen gelebt ? Koch: Weil ich der
Verfolgung durch die Russen ausgesetzt bin ! Die Russen wollen mich haben. Nicht um mich
umzubringen, sondern um sich meines Wissens zu bedienen. Mehr bin ich nicht in der Lage
hier vor diesem Tribunal auszusagen.

Zum Schluß stellt der Präsident des Tribunals einige Fragen an Koch. Er, Koch, sei das Ober-
haupt von allem gewesen, aber nach seiner Darstellung habe er keine Macht besessen. Es
liege Material vor, welches besage, daß viele Tausende erschossen worden sind. Wolle er
behaupten, daß er davon nicht gewußt habe ? Koch: Ich habe wirklich nichts gewußt !
Der Präsident befragt ihn dann über verschiedene andere Dinge und Vorgänge, so auch über
die Evakuierung von Ostpreußen. Koch: Die Evakuierung habe ich arrangiert ! Präsident:
Haben Sie irgendwelche Vorkehrungen getroffen, die Leute herauszuführen ? Koch: Wer
heraus wollte, konnte auch heraus, wenn auch unter erschwerten Umständen.

Als Zeugen der Verteidigung wurden vernommen der frühere Obergruppenführer Oppermann,
der unter Koch in der Ukraine Generalkommissar war, weiter der ehemalige Regierungspräsi-
dent von Königsberg und stellvertretende Oberpräsident von Ostpreußen Hoffmann und der
frühere Adjudant Kochs, Hauptmann der Schutzpolizei Günther Lenz; außerdem wurden
zwei eidesstattliche Versicherungen verlesen. Die Zeugen sagten im Sinne der Verteidigung
aus.

Die Verhandlung schloß mit Ausführungen der Verteidigerin und des Anklägers. Die Verteidi-
gerin erklärte abschließend, daß Koch eine individuelle Schuld nicht nachgewiesen sei. Das
Auslieferungsverfahren müsse abgelehnt werden. Der Ankläger erwiderte, es sei ausgeschlos-
sen, dßs Koch an den in der Ukraine und in Polen gegangenen Verbrechen unbeteiligt gewe-
sen sei, Koch sei auszuliefern.

Der Präsident des Tribunals verkündete, daß das Material der Verhandlung mit einer ent-
sprechenden Empfehlung nach Herford an den britischen Hohen Kommissar weitergeleitet
werden würde; dieser werde die Entscheidung treffen.

Quelle: WIR OSTPREUSSEN, September 1949

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