Kinderschicksale.

Kinderschicksale.

Beitragvon -sd- » 16.02.2019, 21:31

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Viele solcher Kinderschicksale ließen sich hier berichten, wir wollen aber diese
Reihe mit den Erzählungen des Ältesten abschließen, der bei der Verteidigung
Königsbergs schon aktiv als Melder eingesetzt war. Heute ist Heini B. 21 Jahre
alt. Mutter und Stiefvater hatten Ostpreußen noch rechtzeitig verlassen können.
Der Fünfzehnjährige geriet in Kriegsgefangenschaft und wurde ins Sammellager
Domnau gebracht. Er gab sich als zwei Jahre jünger aus, weil er hoffte, zur
Arbeit nach Königsberg und nicht nach Rußland transportiert zu werden. Doch
statt nach Königsberg kamen die Jüngeren nach Bartenstein ins Gefängnis, und
sie wurden dort ohne Verhör und Urteil festgehalten. Später wurde Heinz in
mehreren Lagern gefangen gehalten.

Am 12. Dezember 1947 wurde er entlassen und zur Arbeit auf einer Kolchose
bei Tapiau (wahrscheinlich auf der ehemaligen Domäne Kleinhof) eingewiesen.
Bei schlechtem Essen und ohne Bezahlung mußte er zusammen mit vielen
anderen Jugendlichen schwer arbeiten. Im Frühjahr 1948 hatte er es satt und
floh mit einem Kahn über die Deime und das Kurische Haff nach Litauen. Die
letzte Strecke von Tilsit bis Tauroggen wurde er von litauischen Bauern, die in
Tilsit auf dem Markt gewesen waren, mitgenommen.

Heinz hat bei den Bauern in Litauen stets gearbeitet, und es mal gut, mal
schlecht angetroffen. Im Frühjahr 1949 wurden in Litauen die Kolchosen ein-
geführt. Und dann war es aus mit jeder Beschäftigung, da die Bauern selbst
auch kaum noch etwas zu essen hatten.

Im Mai 1951 kam Heinz mit einem Transport nach Fürstenwalde und von hier
nach Ablauf der Quarantänezeit in ein Kinderheim. Durch den Suchdienst fand
er zunächst eine Tante in der sowjetischen Besatzungszone, die den Aufenthalt
seiner im Westen lebenden Eltern kannte. Er fährt jetzt nach Baden.

Ernst Friede

Quelle: OSTPREUSSENBLATT, 25. November 1951

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