Hungersnot durch Mißernte 1867/1868.

z.B. die Pest 1709 / 1710.

Hungersnot durch Mißernte 1867/1868.

Beitragvon -sd- » 19.03.2017, 08:27

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Für die Ostpreußen!

Der Hunger pocht mit knöcherner Hand an unsere Thüren und bittet um Brod !
Eine große, schöne Provinz unseres deutschen Vaterlandes, auf die wir sonst
mit gerechtem Stolze blicken, denn es wohnt dort ein braves, kräftiges und
kernhaftes Volk - eine Provinz mit fast anderthalb Millionen Menschen, steht
durch die Mißernte des vorigen Jahres am Rande des Verderbens. Der Hunger
ist mit all' seinen Greueln in den eisumstarrten Hütten der Dörfer eingekehrt,
und die Kälte des harten Winters lähmt die arbeitgewohnte fleißige Hand, der
der Staat vergeblich Arbeit bietet. Nicht Greise bloß und Kranke, nicht Frauen
bloß und Kinder, - auch der Ernährer der Familie hat nicht die Kraft, Hand an's
Tagewerk zu legen. Eine Pest der furchtbaren Art, der Hungertyphus, wüthet
bereits in einigen Orten und vollendet die gräßliche Arbeit des Todes !

Daß unsere Feder stark genug wäre, das Werk der verheerenden Geißel zu schil-
dern, die Herzen alle aufzuthun, die in dieser Noth helfen könnten, sie alle zur
rettenden That aufzuraffen, die am behaglich wärmenden Kamine sitzen, an
wohlbesetzter Tafel sich freuen und gesund und frisch das Leben genießen !

Ein großer Brand wirft den rothen Schein seines feuergerötheten Himmels weit-
hin über Berg und Thal: der Hunger aber schleicht unheimlich still von Hütte
zu Hütte, von Haus zu Haus, wo die "Armen und Elenden" abgezehrt, kraftlos
und in sich zusammengekauert sitzen und dem Tode, der sich an ihrem Anblick
zu waiden scheint, in das fahle Antlitz schauen, bittend und flehend, daß er
sie von ihrem namenlosen Jammer erlöse !

Ueber Land und Meer, soweit die Stimme unseres Blattes reicht, - und das ist
soweit die deutsche Zunge reicht, - rufen wir unsern Brüdern im Osten und
Westen, im Süden und Norden beider Welttheile zu: "Gedenket unserer braven
Ostpreußen," die zu allen Zeiten bewiesen haben, daß sie echte Deutsche sind,
die in den Jahren der Schmach auf der Wahlstatt ihr Deutschthum mit Blut be-
siegelt, als es galt, das verhaßte Joch des fremden Eroberers abzuwerfen.
Keine Grenze, kein Fluß scheidet Deutschland in solchem Augenblicke; wir
fühlen, daß wir zusammen gehören, daß wir ein einig Volk von Brüdern sind,
die, wenn Einer leidet, Alle leiden. Der Augenblick ist da, wir wir der Fremde
zeigen können, daß kein Norden und kein Süden, wenn es gilt, in Nothe und
Gefahr zusammenzustehen. Helft zu diesem friedlichen Sieg, der jeden krie-
gerischen aufwiegt, - vor Allem auch ihr Brüder im Süden, ihr Deutschen in
Oesterreich, - helft die Blöße decken, die dem braven Volke der Ostpreußen
geschlagen ist. Helft, denn es ist eine Ehrensache für Alle ! Doppelt gibt,
wer bald gibt !
---
Die Redaktion dieses Blattes ist bereit, Gaben entgegenzunehmen. Dieselben
werden öffentlich bescheinigt und schleunigst an das 'Hülfs-Comité für Ost-
preußen' in Berlin abgeliefert
.


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Dieser höchst pathetische Text wurde im Januar 1868 in der Allgemeinen
Illustrierten Zeitung in Berlin abgedruckt. Anlaß war die Hungersnot, die sich
durch die Mißernte von 1867 ergab, nicht nur in Ostpreußen, im ganzen Ost-
deutschland. Es wurde in den Zeitungen zu Spenden aufgerufen - und es
wurden auch Spenderlisten gedruckt, die für uns Ahnenforscher vielleicht
interessant wären. - Hermann Sudermann hat diesen Sommer 1867 in seinem
'Bilderbuch meiner Jugend' eindrucksvoll beschrieben; er mißt der Schilderung
der Umstände einen guten Teil bei. Im Jahre 1868 gab es im Regierungsbezirk
Gumbinnen eine Typhusepidemie. Und wo im Text von der Wahlstatt die Rede
ist, dort ist die Erstürmung des Grimmaschen Tors in der Völkerschlacht durch
den ostpreußischen Landsturm gemeint.

Übrigens gab es auch schon 1846 in Ostpreußen und Schlesien eine Hungersnot
mit anschließender Typhusepidemie, in deren Folge ganze Dörfer entvölkert.

Stefan Militzer hat eine Internet-Seite mit einer Naturereignisse-Datenbank
http://mitglied.multimania.de/mili04/

Th. Salein

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Hallo Dieter, ja, mein Einverständnis ist hiermit gegeben. Bitte sehr. Th. Salein
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