Zahlreiche Produktionsgenossenschaften vor dem Bankrott.

Informationen im Zusammenhang mit der ehemaligen 'Sowjetischen Besatzungszone (SBZ)' und späteren DDR.

Zahlreiche Produktionsgenossenschaften vor dem Bankrott.

Beitragvon -sd- » 30.03.2017, 08:46

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6.047 Kolchosen bestanden in der Sowjetzone zum Jahreswechsel nach Mitteilung
der Pankower Zentralverwaltung für Statistik. Sie hatten etwa 200.000 Mitglieder,
und die kontrollieren rund 20 v. H. der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche Mittel-
deutschlands.

Quelle: OSTPREUSSENBLATT, 18. Februar 1956

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Kolchosen sind ein Faß ohne Boden.
Zahlreiche Produktionsgenossenschaften stehen vor dem Bankrott.


Die leitenden Agrarfunktionäre Pankows mußten in ihren Rechenschaftsberichten
offen zugeben, daß die Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften weit
hinter den Leistungen der privaten Einzelbauern zurückstehen. Viele Kolchosen
in Mitteldeutschland befinden sich trotz hoher staatlicher Zuschüsse am Rande
des Ruins oder sind bankrott. Die Lebenshaltung der Genossenschaftsbauern
bleibt weit unter dem Existenzminimum, wenn man von einigen 'Musterkolchosen'
absieht, die unter besonders günstigen Umständen wirtschaften.

Ende des vergangenen Jahres drohten allein im Bezirk Schwerin die Mitglieder
von mehr als 40 Produktionsgenossenschaften mit ihrem Austritt, weil der
Arbeitsertrag nicht lohnte. Von 17 Mitgliedern der LPG in Bergedorf traten neun
wieder aus, die LPG in Linden, Kreis Gransee, verfügt sogar nur noch über drei
Mitglieder und ist deshalb arbeitsunfähig. Im Kreis Stralsund verwirtschafteten
die Kolchosen ein Defizit von über 7 Millionen Mark, die LPG in Triebsee allein
300 000 Mark. Die Funktionäre dieser LPG mußten unter dem Druck ihrer Mit-
glieder pro Arbeitseinheit (achtstündiger Arbeitstag) 9 Mark auszahlen, davon
konnten sie nur 35 Pfennig aus dem Eigenertrag der LPG bestreiten.

Nur durch immer neue Kredite kann der Bankrott solcher Produktionsgenossen-
schaften aufgehalten werden. Alleiniger Kreditgeber ist der Staat, deshalb wird
das östliche Kolchosen-Experiment auf deutschem Boden immer kostspieliger.
Der sozialistische Sektor der Zonenlandwirtschaft ist zum Faß ohne Boden ge-
worden, in das immer neue Millionen aus dem schmalen Pankower Säckel ab-
fließen.

Der Pankower Finanzminister Rumpf nannte bei der Begründung des Gesetzes
über den Staatshaushalt die zur Förderung der landwirtschaftlichen Produktions-
genossenschaften im Jahre 1956 bereitgestellten Mittel. Für die LPG stellt der
Pankower Staatshaushalt 95,8 Millionen Ostmark zur Verfügung, 91,2 Prozent
mehr als im Vorjahr. Fast ein Viertel dieser Summe, nämlich 25 Millionen Mark,
ist "für zurückgebliebene Wirtschaften" bestimmt, die aus örtlichen Landwirt-
schaftsbetrieben (d. h. herrenlosem Land geflüchteter Bauern) in Landwirt-
schaftliche Produktionsgenossenschaften umgewandelt wurden.

In einem langfristigen Kreditplan werden für die Kolchosen außerdem noch 347
Millionen Mark bereitgestellt, gegenüber 290 Millionen Mark im Vorjahr. Dazu
kommen 67 Millionen für die Hauswirtschaften der LPG-Bauern. Auch die völlig
unrentabel wirtschaftenden Traktorenstationen muß Pankow mit 838,5
Millionen Mark stützen, fast 40 Millionen Mark mehr als im Vorjahr.

Was Rumpf bei dieser Gelegenheit über die angebliche finanzielle Förderung
der Einzelbauern sagte, klang wie billiger Hohn. Deren staatliche Subvention
seien die erhöhten Preise der landwirtschaftlichen Produkte, die über die
Pflichtablieferung hinaus erzeugt werden, und die Ausgaben, die für die
Leistungen der Traktorenstationen bei den Bauern entstehen. Es ist kein
Geheimnis, daß die Bauern die Traktoristen der MTS selbst bezahlen müssen,
wenn sie wirklich auf den Feldern der selbständigen Landwirte erscheinen,
und zwar nach einem überhöhten Sondertarif.

Die Preise im freien Aufkauf hat Pankow am 1. Januar erheblich herabgesetzt
und durch diese Maßnahme sogar eine Minderung der Einnahme geschaffen,
die durch die geringfügige Erhöhung der Erfassungspreise keinesfalls ausge-
glichen wird. Besonders für die Betriebe, die keine freien Spitzen verkaufen
können, reicht die unbedeutende Einnahmesteigerung durch die Preiserhöhung
der ablieferungspflichtigen Produkte nicht aus, um das Defizit zwischen Ein-
nahmen und Ausgaben zu beseitigen. So sieht die von Rumpf gepriesene Sub-
ventionierung der mitteldeutschen Einzelbauern aus.

Quelle: OSTPREUSSENBLATT, 26. Mai 1956

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