Jan Schefers und Reinhard Kayss zu Namensänderungen.

Schreibvarianten von Familiennamen. Änderungen von Familiennamen. Namensähnlichkeiten. Beispiele.

Jan Schefers und Reinhard Kayss zu Namensänderungen.

Beitragvon -sd- » 14.05.2016, 07:44

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In der 'Masurischen Biene', Folge 40 / Dezember 2015, befindet sich der nachfolgende
aufschlußreicher Artikel von Jan Schefers und Reinhard Kayss über Namensänderungen:
http://www.historische-masurische-verei ... iene40.pdf


Wie wir alle aus unserer Forschungsarbeit wissen, kann die Schreibweise von Nachnamen mehr oder
weniger stark variieren. Abgesehen von Schreibvarianten kann sich ein Nachname auch aus anderen
Gründen ändern. Der einfachste Fall in diesem Zusammenhang ist, daß sich der Nachname der
Ehefrau nach der Heirat ändert. Ein anderer Fall ist, daß ein unehelich geborenes Kind nach der
Geburt zuerst den Nachnamen der Mutter erhält, und nach der Anerkennung der Vaterschaft den
Nachnamen des Vaters.

Es sind noch weitere Möglichkeiten für eine Namensänderung denkbar; speziell möchten wir auf eine
besondere Quelle hinweisen, mit deren Hilfe unter Umständen ein "toter Punkt" in der Forschung
überwunden werden kann, nämlich den Namensänderungs-Akten. Man kann entsprechende Hinweise
darauf beim aufmerksamen Blättern durch Kirchenbücher und Standesamtsregister finden, in der
Regel in Geburts- manchmal auch in Heiratseinträgen, häufig mit einem Wortlaut nach folgendem
Schema:
„Von dem Herrn Regierungspräsidenten zu G ist unterm G Az. G genehmigt, daß der G und
dessen Ehefrau G den Familiennamen „ G “ führen darf.“

Diese Namensänderung ist ein amtlicher Vorgang, bei dem auf Antrag der bisherige Familienname
durch einen völlig anderen Namen ersetzt wird. Wenn in einer Familie der Nachname geändert wurde,
aber dies in späteren Generationen nicht (mehr) bekannt ist, dann ist es für die nachfolgenden
Generationen so gut wie unmöglich, die weiteren Vorfahren zu finden; oder schlimmer: es werden
der eigenen Familie falsche Personen zugeordnet. Daher ist es wichtig zu wissen, daß eine Namens-
änderung stattgefunden hat.

Warum aber ändern Personen ihren Familiennamen, und brechen auf diese Weise sichtbar mit ihren
Vorfahren? Für die NS-Zeit liegt die Vermutung nahe, daß sich Personen dem allgemeinen Zeitgeist
anpassen wollten und auf diese Weise ihren fremd klingenden Namen durch einen 'deutschen'
Namen ersetzen wollten. Vielleicht haben sie sich auch bessere Karrierechancen ausgerechnet, wenn
sie einen 'deutschen' Namen tragen, wobei man allerdings auch in der NS-Hierarchie Personen mit
'slawischen' Nachnamen finden kann.

Namensänderungen gibt es aber nicht erst seit 1933, sondern man findet sie auch schon kurz nach
1900. Auch hier kann es natürlich bereits eine gewisse Tendenz zum Nationalen gegeben haben,
möglicherweise haben aber auch praktische Erwägungen den Ausschlag gegeben. Wenn wir uns
vorstellen, daß ein Masure bei der Arbeit auf einer Zeche im Ruhrgebiet aufgrund seines Namens
gehänselt wurde, oder der Name aufgrund der 'ungewöhnlichen' Schreibweise (absichtlich) nicht
richtig ausgesprochen werden konnte, dann können wir durchaus nachvollziehen, daß er seinen
Namen ändern ließ. Wahrscheinlich mußte er ähnliche Vorurteile ertragen, wie heutzutage jemand
mit arabischem oder türkischem Namen. Denkbar wäre auch ein gewisser 'familiärer Druck' auf den
Ehemann, wenn er mit seinem 'polnischen' Namen in eine 'deutsche' Familie eingeheiratet hat.

Die Gründe für die Namensänderungen sind sicherlich vielfältig, aber wir können dies hier nicht
näher untersuchen, sondern nur auf die einschlägige Literatur verweisen. Auch wenn in der Akte
zur Namensänderung als Grund häufig nur angegeben ist "ich möchte einen deutschen Namen
tragen", ist die Akte für uns Forscher dennoch äußerst interessant. Sie enthält, ähnlich wie die
Sammelakten zu standesamtlichen Heiraten, eine Fülle von Abschriften aus anderen Verzeichnissen,
die im Original möglicherweise gar nicht mehr existieren! So sind üblicherweise in der Akte zu finden:
die Geburtseinträge des Antragstellers, seiner Ehefrau und die der Kinder, sofern vorhanden, dazu
ggf. eine Abschrift der Heiratsurkunde. Ebenso können dieselben Angaben zu den jeweiligen Eltern
vorliegen. Zusätzlich Abschriften bzw. Negativbescheinigungen aus Straf- und Einwohnermelde-
registern können hier enthalten sein. Weiterhin Angaben über Geschwister des Antragstellers und
deren Anschrift, Beruf bzw. Ehestand, da diese eine Erklärung abgeben mussten, dass sie der Namens-
änderung zustimmen.

Aus unseren gesammelten Daten geben wir am Ende dieser kleinen Einführung eine Übersicht von
Namensänderungen an, bei denen uns die Genehmigungsbehörde und das Genehmigungsdatum
oder -jahr bekannt ist. Es ist jeweils der Familienvater/Antragsteller mit Stand, Geburtsdatum/-ort,
angegeben und ob und mit wem er zum Zeitpunkt der Antragstellung verheiratet war. Uns liegen
noch ca. 190 weitere Angaben zu Namensänderungen vor; dazu werden wir noch versuchen, anhand
der ursprünglichen Quelle die fehlenden Angaben zur Genehmigungsbehörde bzw. zum -datum zu
ermitteln und reichen diese Daten in einer der folgenden Ausgaben der 'Masurischen Biene' nach.

Sofern Akten die Kriege und Nachkriegszeit gut überstanden haben, so liegen sie heute in den für
die damalige Genehmigungsbehörde zuständigen Archiven. Da viele Namensänderungen von
Personen nach ihrem Umzug ins Ruhrgebiet erfolgten, findet man in der Liste auch häufig das
Regierungspräsidium Arnsberg bzw. Münster als genehmigende Behörde. Akten der heute in NRW
befindlichen Regierungsbezirke befinden sich im Landesarchiv NRW in Münster (für Westfalen) bzw.
in Duisburg (für das Rheinland). Nach Auskunft des Archivs stehen diese Akten generell für die
Einsichtnahme zur Verfügung; aufgrund der personenbezogenen Angaben müssen aber gewisse
Datenschutzfristen eingehalten werden. Eine Einsichtnahme ist lt. Archivgesetz NRW nur möglich,
wenn der Geburtstag der Person mehr als 100 Jahre bzw. der Tod mehr als 10 Jahre zurück liegt.
Wenn diese Daten nicht ermittelbar sind, dann 60 Jahre nach Schließung der Akte. In der Akte
befinden sich aber immer auch Angaben über die Herkunft, daher läßt sich mit dem Inhalt der
Akte zumindest das Geburtsdatum feststellen.

Akten zu Namensänderungen in polnischen Archiven können teilweise über das Suchsystem
'SEZAM' ermittelt werden. So hat z. B. das Staatsarchiv Danzig im Bestand Nr. 14 ('Prezydium
Policji w Gdańsku' - 'Polizeipräsidium Danzig') eine große Anzahl von Namensänderungsakten
in seinem Bestand und die Namen bereits in das Suchsystem eingegeben:
http://baza.archiwa.gov.pl/sezam/sezam. ... y_id=11237.

Die Akten aus dem Regierungspräsidium Allenstein befinden sich im Staatsarchiv Allenstein, Bestand
Nr. 4 ('Rejencja Olsztyńska' – 'Regierung Allenstein'). Die Akten in Allenstein sind (noch) nicht über
'SEZAM' recherchierbar; ob die gesuchte Akte noch existiert, müßte man daher direkt beim Archiv
erfragen.

Quelle: DIE MASURISCHE BIENE, Folge 40 / Dezember 2015,
Mitteilungen der Genealogischen Arbeitsgemeinschaft Neidenburg und Ortelsburg (GeAGNO) /
Historische Masurische Vereinigung (HMV) und benachbarter Kirchspiele
zum Aufbau der Historischen-Einwohner-Datenbank im südlichen Ostpreußen / Masuren.

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Wegen der Veröffentlichung des vorstehenden Artikels bei beiden Autoren angefragt.
Antwort: Hallo Dieter, soweit es mich betrifft, kannst Du gerne den Artikel wie beschrieben
veröffentlichen. Jan Schefers
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