Wie aus KLUDT ein GRUDSCHINSKI wurde.

Schreibvarianten von Familiennamen. Änderungen von Familiennamen. Namensähnlichkeiten. Beispiele.

Wie aus KLUDT ein GRUDSCHINSKI wurde.

Beitragvon -sd- » 16.07.2014, 22:38

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Ein freundliches Hallo an die Leserrunde !
Vorsicht ! Ein längerer Beitrag, aber unterhaltsam.

Zu diesem Thema kann ich zwei Geschichten beitragen. Die eine betrifft den
jüngeren Bruder meines UrUrUrGroßvaters geb. ca. 1785.
Die andere betrifft mich selbst; geb. 1934.

Der Familienname von Christoph KLUDT, geb. ca. 1785, evangelisch lutherischer
Konfession, wurde in Polen offenbar vom zuständigen katholischen Pastor (Priester)
böswillig in GRUDSCHINSKI verfälscht und im Kirchenbuch als Katholik eingetragen.

Der Hintergrund dazu. Wenn in Polen keine evangelische Kirche in erreichbarer
Nähe war, mußten auch Evangelische ihre Geburten, Todesfälle usw. bei der
nächst gelegenen katholischen Kirche anmelden.


Aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen wurde der Familienname und die
Konfession im Kirchenbuch falsch eingetragen. Die Eltern haben das in Unkennt-
nis der polnischen Sprache offenbar nicht gemerkt. Erst als Christoph KLUDT
heiraten wollte (er brauchte eine Geburtsurkunde) kam die Verfälschung heraus.
Er beließ es dabei, zumal er offenbar eine kath. Polin geheiratet hat. Er hat den
Namen KLUDT weitergeführt 'KLUDT GRUDSCHINSKI'. Die Geschichte wurde von
meinem UrUrGroßvater Friedrich August KLUDT in seinem Notizbuch überliefert.
Genaueres weiß ich darüber nicht. Ob der Name GRUDSCHINSKI richtig geschrieben
ist, ist auch fraglich, vermutlich von meinem UrUrGroßvater nach Gehör aufge-
schrieben.

Die zweite Geschichte betrifft mich selbst. Als ich Ende 1954 von Krefeld nach
Aachen umgezogen bin, wollte ich mich ordnungsgemäß in Krefeld abmelden
und ging dazu auf das zuständige Gemeindeamt. Ich holte mir einen Vordruck,
füllte den im Gemeindeamt sofort aus und gab ihn ab. Der Beamte verschwand
mit dem Meldezettel und kam nicht zurück. Nach einer ganzen Weile wurde
mir das zu dumm und ich beschwerte mich. Die Auskunft, meine Personendaten
müßten überprüft werden. Nach einer guten halben bis dreiviertel Stunde kam
der Beamte zurück und erfragte noch einmal meine Daten und verglich sie mit
Akten, die er in der Hand hatte. Als er das nochmal mit meinen Angaben ver-
glichen hatte, beschuldigte er mich sofort der vorsätzlichen Datenfälschung.
Ich war zunächst überrascht und frage schon etwas ärgerlich zurück, wie er zu
dieser Behauptung kommt. Er antwortete mir in seinen Unterlagen steht, daß
ich GEORG heiße und nicht JÖRG. JÖRG sei falsch und allenfalls ein Rufname.

Es entwickelte sich ein immer lauter werdender Disput bis der Beamte mir mit
polizeilichen Maßnahmen drohte, wenn ich mich weiterhin so aufführen sollte.
Er meinte meine Lautstärke. Ich war inzwischen sehr ärgerlich und sehr laut
geworden, denn der Beamte beharrte auf seinem Vorwurf, der versuchten
Datenfälschung durch mich. Ich ließ mich aber nicht beirren, denn ich müsse
wohl am besten wissen wie ich heiße und wie ich bisher in allen amtlichen
Stellen geführt wurde. Wenn hier eine Fälschung vorliegt, ist es eine amtliche
Fälschung der Krefelder Behörden und nicht von mir veranlaßt. Jetzt wollte er
von mir eine Geburtsurkunde haben. Die hatte ich aber zum damaligen Zeit-
punkt nicht, die hatte meine Mutter in Aachen. Ich stellte mich jetzt richtig
quer und sagte, er solle sich die Geburtsurkunde in meinem Geburtsort
Bochum selber besorgen, ich lasse mich nicht grundlos als Datenfälscher
beschuldigen. Da kam die Bemerkung des Beamten, er hätte sich schon in
Bochum erkundigt, da steht GEORG als mein Vorname. Da erinnerte ich
mich an die Geschichte, die mir meine Mutter erzählt hat, als mein Vater
auf dem Standesamt meine Geburt melden wollte. Der damalige Beamte
weigerte sich den Namen JÖRG als Vornamen einzutragen. Er begründete
das damit, JÖRG ist kein deutscher, kein arischer Name. Damals schon
(Ende 1934) ein von den rassistischen Rassevorstellungen infizierter Beamte,
der sich solcher Art aufspielte. Mein Vater ließ sich nicht beirren und beharrte
auf JÖRG
, der Beamte trug aber GEORG ein. Später wurde der Name auf Antrag
und endlosem Hin und Her in JÖRG geändert, nachdem nachgewiesen wurde,
daß JÖRG sehr wohl ein deutscher Name ist.

Der zuständige Beamte in Bochum hatte offenbar die alte erste ausgestellte
Geburtsurkunde gefunden und die Daten daraus übermittelt. Warum die nicht
vernichtet oder geändert wurde, ließ sich nicht mehr feststellen.

Nachdem ich das im Krefelder Meldeamt erzählt hatte, verschwand der Beamte
wieder und ließ noch mal nach dem Geburtseintrag in Bochum suchen. Siehe da,
der richtige Geburtseintrag fand sich ein und alles löste sich in Wohlgefallen auf.
Der Beamte in Krefeld entschuldigte sich bei mir. Im Ruhrgebiet und im Rheinland
war der Name JÖRG damals (1934 und 1954) offenbar völlig unbekannt oder zu-
mindestens sehr unüblich.

Wie der Name GEORG in die Krefelder Akten kam, ließ sich auch nicht mehr
feststellen, oder der Beamte wollte mir das nicht mitteilen. Ich hatte die Nase
voll von dem Theater und beließ es dabei.

Durch meine Familienforschung stellte sich dann heraus, daß ich in Württemberg
schon ab 1640 mehrfach Vorfahren mit Namen JERG und JÖRG hatte. Das wußten
meine Eltern damals (1934) nicht. Sie haben auf andere Weise nachgewiesen, daß
JÖRG ein in Süddeutschland üblicher Name ist und bei anderen "arischen, nordi-
schen Völkern" sehr häufig vorkommt.

Gruß in die Runde
Jörg Brauer aus Berlin
http://www.brauer-kludt.de

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Natürlich dürfen Sie diese Geschichte verwenden, wenn Sie Roß und Reiter nennen.
Jörg Brauer hat entgegenkommenderweise gestattet, den obigen Mailtext
auch in diesem Forum einzustellen. Dafür besten Dank ! -sd-
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