Siedler / Réfugiés in Schmargendorf (Uckermark).

Siedler / Réfugiés in Schmargendorf (Uckermark).

Beitragvon -sd- » 19.02.2014, 09:04

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Hugenotten-Familie in Brandenburg.

Friedrich Wilhelm, der Große Kurfürst von Brandenburg, hat nicht nur nach
seinem Edikt von Potsdam (29.10.1685) "Fremde" in sein Land geholt. Für
das Dorf Schmargendorf (heute Ortsteil von Angermünde) habe ich folgendes
herausgefunden:

Um nach der Dezimierung seiner Bevölkerung nach dem Dreißigjährigen
(1618-1648) und dem siebenjährigen Krieg (1765-1763) eine bessere Aus-
nutzung des Bodens zu erzielen, siedelte Friedrich der Große 1763 zehn
deutsch reformierte Kolonisten aus dem Oberamt Alzey, Rheinpfalz
und Hessen-Darmstadt auf dem Gelände des Amtvorwerks von Chorin
in Schmargendorf an.

Es waren die Familien Jacob DAMM, Valentin BECKER, Hartmann DIETRICH /
DIETERICH, Matthias und Heinrich WEIDMANN, Urban SCHNEIDER, Nicolaus
LIESEFELD, Philipp NIETHAN, Jacob HERMANN und Georg FECHNER.

Hartmann Diet(e)rich ist der Ururgroßvater der bekannten Schauspielerin
Marlene Dietrich. Sein Enkel Christian Dietrich baute 1865 in Angermünde
den Gasthof 'Dietrichs Etablissement' (später umbenannt in Berliner Hof),
in dem Marlene Dietrichs Vater, Louis Erich Otto Dietrich, geboren wurde.

Konrad Hölig


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Hallo Dieter, ich habe absolut nichts gegen die Übernahme meines Textes.
Ich muß aber darauf hinweisen, daß es sich bei den im u. a. Text genannten
Personen nicht um Hugenotten handelt. Diese Familien waren, im Gegensatz
zu den Hugenotten (französisch-reformiert), deutsch-reformiert !
Sie waren, ähnlich wie die Hugenotten, Verfolgte ihres Glaubens.
In Schmargendorf (Uckermark) bildeten sie eine eigene Kolonie und wurden
von den Einheimischen kurz die "Pfälzer" genannt.

In Schmargendorf gab es damals drei verschiedenen Religionsgruppen:

1. die evangelisch-lutherische Gemeinde (die "Deutschen").
2. die französisch-reformierte Gemeinde (die "Franzosen").
3. die deutsch-reformierte Gemeinde (die "Pfälzer).


Die ersten zwei bis drei Generationen heirateten auch nur innerhalb ihrer
Glaubensgemeinschaft. Das galt sowohl innerhalb des Dorfes als auch bei
Heiraten in die Nachbardörfer. Konrad Hölig


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Zu dem Hugenotten-Thema ist in der von mir erstellten Chronik von Schmargendorf u. a. folgendes zu lesen:

1687 Im Dorf sind nur noch fünf Bauern und fünf Kossäten ansässig.

1689 Beginn der Ansiedlung hugenottischer Familien.
Im Gegensatz zu den französischen Einwanderern in Angermünde, die direkt aus Frankreich kamen, waren die
ersten Flüchtlinge in Schmargendorf wallonische Pfälzer. Wallonen nannte man die französisch sprechenden
Bewohner des französischen Teils von Flandern, des Hennegaues und Lüttichs. Diese reformierten Wallonen
waren durch die Kriegszüge des Herzogs Alba [1] aus ihrer Heimat vertrieben worden. Sie flüchteten in die Pfalz
und gründeten hier viele blühende Gemeinden. Das Unglück brach über sie 1689 herein, als die Raubscharen
Ludwigs XIV. unter General Melag verheerend in die Pfalz einfielen und viele Ortschaften völlig zu Grunde
richteten. Alle Gräuel des Dreißigjährigen Krieges wiederholten sich in dem unglücklichen Land. Die walloni-
schen Gemeinden in der Pfalz wurden zersprengt und vernichtet. Auch ihnen gewährte der Große Kurfürst
Zuflucht.

Die ersten französischen bzw. wallonischen Siedler in Schmargendorf waren: Pierre Bettac aus Friesenheim /
Pfalz, Abraham Bailleu aus Steinville / Pfalz. Die anderen eingewanderten Wallonen hießen Jean Matton,
Francois Herpen, Jacob des Pierres, Jean Crampe, Michel Canel, Etienne Lancelles.

Die ersten aus Frankreich kommenden Flüchtlinge waren Jacob Campert aus der Normandie, Pierre Charlet
aus Guemp bei Calais;

George Dupont, Jerome Villain, Jaques Blanguet, Pierre Goffrier, Jean Dieul, Jaques Andre stammen aus
dem Bezirk Pasurage bei Mons.

Daniel Geuse aus St. Quentin. Jacob Ruel kam aus Mons im Hennegau (Die heutige Schreibweise der Familie
Ruel ist Rouvel). Philipp Mercier stammt aus Warquignies im Hennegau. Die Familie Quart kam aus Carignan
bei Mons.

Aus Ehef bei Zürich in der Schweiz kam Jean George Coupré.

Alle Réfugiés [2] erhielten zur Gründung einer Existenz 50 Taler, wofür zwei Pferde, eine Kuh, Wagen, Pflug
und einige andere Gerätschaften angeschafft wurden. Außerdem wurden ihnen auf 15 Jahre die Steuern erlas-
sen. Im Gegensatz zu den deutschen Bauern erhielten die eingewanderten noch folgende Zusicherung:
"... daß sie und ihre Nachkommen von der Leibeigenschaft [3] befreit bleiben und nicht mit wirklichen Hof-
diensten belegt werden sollen."

1691 wird die französisch reformierte Gemeinde zu Angermünde mit der Filialstelle Schmargendorf
gegründet. Ihr erster Pfarrer war Pierre Pelorce, der aus Mondelent bei Grenoble geflüchtet war und die
Gemeinde von 1691 – 1717 verwaltete. Er hat auch die ersten Kirchenbücher der Gemeinde angelegt.

1691 21. Juli: In einer Resolution erhalten die Réfugiés in Schmargendorf das Recht, die vorhandene
Kirche frei mit benutzen zu dürfen. Der Pfarrer Gottfried Willich von Herzsprung fühlt sich benachteiligt und
hält die Kirche geschlossen.

1696 15 französische Familien: ein Zweihüfner, ein Einhüfner, 13 Leute ohne Hufe, aber mit Land
im Felde.

1704 12. August: Friedrich I, König von Preußen, rügt den Pfarrer Willich in Herzsprung wegen des
Zusperrens der Kirche und teilt ihm mit: "So befehlen wir Euch hiermit ernstlich, den refügierten Franzosen
keine weitere Hinderung zu machen, sondern die Kirche allemahl den Refügierten unweigerlich und bei
Vermeidung anderer Euch nicht gefl. Verordnungen öffnen zu lassen."

1856 Die deutsch reformierte Gemeinde gibt ihre Selbständigkeit auf und vereinigt sich mit der
französisch reformierten zur französisch-deutsch-reformierten Gemeinde zu Schmargendorf.

Im Ort gibt es 76 Häuser, darunter zwei Schulhäuser, eine Dorfschmiede und ein Mühlengrundstück, mit
138 Familien und 486 Einwohnern. Die Einwohner gehören teils der evangelisch-lutherischen, teils der
evangelisch-reformierten Kirche an; unter den letzteren sind französisch reformierte und Pfälzer.

Prediger der ev.-luth. Gemeinde ist Herr Ludwig Ferdinand Oertel zu Herzsprung, wohin Schmargendorf
eingepfarrt ist. Die Kirchenvorsteher sind die Bauern Christian Kienast und Christian Rüsch; Küster ist der
Lehrer Johann Ludwig Sigismund Böhm, Schulvorstand sind der Sattlermeister und Schankwirt Gottfried
Jungwitz und der Tischler Friedrich Rüsch.

Prediger der vereinigten französisch und deutsch reformierten Gemeinde ist Herr Theophil Albert Cazalek
zu Angermünde, wohin die reformierte Gemeinde eingepfarrt ist. Kirchenvorsteher sind die Bauern Jacob
Bettac, der Schulze Johann Ludwig Jacob Cholet, Valentin Becker und Valentin Dietrich. Küster bei der
Gemeinde ist der Kantor und Lehrer Herr August Talmann. Schulvorsteher sind Johann Ludwig Jacob Cholet
und Valentin Becker.

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[1] Der Titel Herzog von Alba (Duque de Alba) zählt zu den ältesten Titeln im spanischen Adel und wurde
im 15. Jahrhundert der Familie Álvarez de Toledo verliehen, die bereits den Titel Conde de Alba de Tormes
trug.

[2] Réfugiés (Flüchtlinge), die nach Aufhebung des Edikts von Nantes aus Frankreich geflohenen Hugenotten.

[3] Die Leibeigenschaft ist grundsätzlich als gegenseitige Verpflichtung zu begreifen. Der Leibherr gewährt
dem Leibeigenen militärischen und juristischen Schutz; letzteres bedeutet, daß er bei Ladung vor fremde
Gerichte einen Rechtsbeistand stellen muß. Dafür entrichtet der Leibeigene Abgaben an den Leibherren.
Jährlich wird eine Leibhenne als Zeichen der Anerkennung der Leibeigenschaft fällig, dazu im Todesfall von
männlichen Leibeigenen das Besthaupt (bestes Stück Vieh) und von weiblichen Leibeigenen das Bestkleid.
Diese Todfallabgaben wurden im 15. und 16. Jahrhundert zunehmend in Geldabgaben umgewandelt.

Direkte Nachfahren des eingewanderten Hugenotten Philipp Mercier wohnen heute noch in Schmargendorf.
Mit Hilfe des Hugenotten-Museums in Berlin (Französischer Dom), ist es mir gelungen, einen lückenlosen
Nachweis zu erstellen. http://www.berlin.de/museum/3108758-292 ... useum.html

Konrad Hölig

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Re: Siedler / Réfugiés in Schmargendorf (Uckermark).

Beitragvon -sd- » 29.11.2018, 08:54

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Ich suche Informationen über den Prediger CAZALET, 1858 erwähnt
als zuständiger Pfarrer bei der franz.-reformierten Gemeinde in
Angermünde; eventuell auch in Berlin tätig gewesen.

Kann mir außerdem jemand sagen, ob der Name CALAME´
französischen (hugenottischen) Ursprungs ist ? M. F.


-

Im Mai 1687 ließen sich sieben Refugié-Familien in Angermünde nieder.
Sie wurden mit später nachfolgenden Hugenotten und Pfälzer bis 1691
vom Ziethener Pfarrer betreut. Alle 14 Tage fand ein Gottesdienst statt,
an dem auch die Schmargendorffer Einwanderer teilnahmen. Erst 1691
kam der erste ständige Pfarrer nach Angermünde. Die Gottesdienste
durften in der evang. Kirche stattfinden, und 1698 bekamen die
Reformierten die kleine Heilig-Geist-Kirche übereignet, die sie bis 1933
benützen. Auch ein eigener reformierter Friedhof, der auf dem jetzigen
Bahnhofsgelände gelegen hatte, konnte ihnen übereignet werden.
Schmargendorf kam erst 1811 und Parstein 1867 zu Angermünde.
Parstein hatte bis 1867 einen eigenen Pfarrer. 1933 wurde Angermünde
nach dem Weggang von Pfarrer Medenwald mit Schwedt vereinigt und
wurde dann von Pfarrer Hurtienne aus Schwedt betreut.

CAZALET, Théophile Albert (Gottlieb Albert)
war in Berlin am 06.07.1817 als Sohn des Kaufmanns Anton Cazalet
und der Sophie Marie Schmidt geboren und war franz. reformierter
Pastor in Bergholz von 1846-1855. Er ging bis 1865 nach Angermünde
und war dann 2. Prediger am Franz. Kloster Berlin bis 1883. Er verstarb
in Berlin am 12.02.1883. In Herzsprung heiratete er am 24.04.1860
Elisabeth Calamé, geb. Neustadt /Dosse am 14.06.1822. Sie war die
Tochter des Kaufmanns Wilhelm Leopold Theodor Calamé und der
Sophie Johanna Krüger. Die Tochter Elisa Marie Sophie wurde am
30.07.1864 geboren. Die Mutter der Pfarrers Cazalet, Frau Sophie
Marie Schmidt, verstarb in Angermünde am 10.02.1860 mit 62 Jahren
als Witwe, die ledige Schwester des Pfarrers Cazalet, Fräulein
Friederike Marie Cazalet verstarb ebenfalls in Angermünde am
15.05.1863 mit 43 Jahren im Haus ihres Bruders.

Zu Calamé würde ich aufgrund des Schreibweise auf Hugenotten tippen.
Ein weiterer Hinweis wären Heiraten mit Hugenotten, da diese gerne
unter sich blieben. Vielleicht ist das ein Hinweis:

ÖRTEL, Ludwig Ferdinand
wurde am 19.05.1808 in Schlieben / Sachsen als Sohn des Superinten-
denten und Propstes, Dr. Theol. Heinrich Gotthilf Örtel und der Caroline
Pfotenhauer geboren. In Halle studierte er Theologie. Von 1849 bis zu
seinem Tode am 09.04.1876 war er Pfarrer in Herzsprung. Im Berliner
Dom wurde er am 04.02.1850 mit Sophie Marie Theodore Calamé,
Tochter des Kaufmanns Leopold Theodor Calamé aus Havelberg, getraut.
Von seinen vier Töchtern heiratete die Tochter Maria Magdalena, *
Herzsprung 24.12.1857, am 29.04.1879 in Angermünde den franz.-ref.
Pfarrer und späteren Geh. Konsistorialrat Eugen Devaranne. Sein Enkel,
D. Theodor Devaranne, war der Missionsinspektor der Ostasien-Mission
in Berlin.

Walter Arndt

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Hallo Dieter, ich hab' nichts dagegen, wenn Du den Text verwendest.
Gruß, Walter
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