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Bei Mündigkeit/Volljährigkeit (Majorennität) "um 1870" lag den
Regelungen in den deutchen Staaten das neuere römische Recht
zugrunde, nach dem unterschieden wurde:
a) Kindesalter (Infantia): unter 7 Jahre, keine Rechtsgeschäfte,
Handlungen ohne rechtliche Bedeutung;
b) Unmündigkeit (impubertas) unter 14 Jahre (bei weiblichen
Personen 12 Jahre), Handlungen zum Erwerb von Rechten
(z.B. Grundbesitz-Erwerb, aber nicht Verkauf), d.h. man kann
Gläubiger werden, aber nicht Schuldner, Haftung nur bei
Bereicherung und nur in Höhe der Bereicherung.
c) Mündigkeit (pubertas) unter 18 Jahre,
d) volle Mündigkeit (plena pubertas) unter 25 Jahre.
Bis zum 25. Lebensjahr galt man als "minderjährig" (minoren),
d.h. wenn man nicht unter "elterlicher Gewalt" stand, war die
Bestellung eines Altersvormundes notwendig.
Die Rechte des Großjährigen konnten auch an Minderjährige
(ab dem 20, , bei weibl. Personen ab dem 18. Lebensjahr)
durch landesherrliches Reskript verliehen werden, unter der
Voraussetzung, daß "verständiger und sittlicher" Lebenswandel
nachgewiesen wurde. (Aber auch dann gab es bzgl. Verkauf
von Immobilien, Testament u.ä. besondere Bestimmungen).
e) Volljährigkeit (aetas legitima oder Majorennität) ab 25 Jahre,
alle Rechtshandlungen des bürgerlichen Lebens (soweit nicht
durch besondere Gesetze anders geregelt).
Stand 1874:
- Baden, Bayern, Hessen, Preußen (als letztes, wohl nach 1870):
Volljährigkeit 21 Jahre.
- Hamburg: Volljährigkeit für Männer 22 Jahre.
- Oldenburg: Volljährigkeit 24 Jahre.
Hinsichtlich der Heirat gab es besondere Bestimmungen, nach
denen auch bei Volljährigkeit die Einwilligung des Vaters !!
notwendig war (nach sächsischem Recht auch der Mutter).
Das deutsche Reichsgesetz vom 6. Februar 1875 forderte für
die Ehefähigkeit (d.h. Heirat auch mit elterlicher Erlaubnis)
ein Alter von 20 Jahren für Männer und 16 Jahren für Frauen
(nach altem römischen Recht 14 bzw. 12 Jahre).
Nach diesem Gesetz durften Witwen auch erst nach 10 Monaten
nach dem Tod des Ehemannes heiraten, bei Verurteilung durch
Ehebruch war eine zweite Heirat verboten.
Auch nach dem Gesetz von 1875 war trotz Volljährigkeit eine
Einwilligung notwendig, und zwar durch den Vater, nach dessen
Tode durch die Mutter, bei unehelichen Kindern die Mutter,
(bei Minderjährigen ohne Vater war die Einwilligung eines
Vormunds notwendig, auch wenn die Mutter lebte):
Einwilligung war notwendig - bei Söhnen bis zur Vollendung des
25. Lebensjahres - bei Töchterm des 24. Lebensjahres.
Bei Versagen der Einwilligung konnte ein richterlicher Entscheid
herbeigeführt werden.
Personen im Militärdienst (auch im kirchlichen Dienst) bedurften
die Einwilligung (Ehekonsens) der vorgesetzten Behörde.
Ernst Schroeder
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