Volljährigkeit (Mündigkeit). Heiratsbestimmungen.

Volljährigkeit (Mündigkeit). Heiratsbestimmungen.

Beitragvon -sd- » 29.01.2021, 15:10

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Volljährigkeit (Mündigkeit) im 19. Jahrhundert in deutschen Staaten.

Volljährigkeit lag bis 1876 bei 25 Jahren und wurde dann auf 21 Jahre
herabgesetzt, ob "reichsweit" oder nicht, weiß ich nicht. Jedoch haben
offensichtlich viele früher geheiratet. Die Frauen gerne mit etwa 21-
>22>23 und die Herren waren oft auch keine 25.

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In solchen Fällen wurde dann oft im jeweiligen Eintrag z.B.
im ev. Kirchenbuch, vermerkt "Mit Erlaubnis der Eltern".

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Volljährigkeit war früher eine reine Männersache. Frauen wurden nicht
volljährig. Sie erwarben die Mündigkeit nicht durch die entsprechende
Zahl von Jahresringen, sondern durch Heirat. Für die erste Ehe benötigte
eine Frau unabhängig vom Alter stets und immer die Zustimmung der
Eltern oder des Vormunds.

Siegfried Rambaum

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Volljährigkeit (Mündigkeit). Heiratsbestimmungen.

Siehe: http://wiki-de.genealogy.net/Vollj%C3%A4hrigkeit

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Re: Volljährigkeit (Mündigkeit). Heiratsbestimmungen.

Beitragvon -sd- » 25.04.2021, 09:48

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Bei Mündigkeit/Volljährigkeit (Majorennität) "um 1870" lag den
Regelungen in den deutchen Staaten das neuere römische Recht
zugrunde, nach dem unterschieden wurde:

a) Kindesalter (Infantia): unter 7 Jahre, keine Rechtsgeschäfte,
Handlungen ohne rechtliche Bedeutung;
b) Unmündigkeit (impubertas) unter 14 Jahre (bei weiblichen
Personen 12 Jahre), Handlungen zum Erwerb von Rechten
(z.B. Grundbesitz-Erwerb, aber nicht Verkauf), d.h. man kann
Gläubiger werden, aber nicht Schuldner, Haftung nur bei
Bereicherung und nur in Höhe der Bereicherung.
c) Mündigkeit (pubertas) unter 18 Jahre,
d) volle Mündigkeit (plena pubertas) unter 25 Jahre.

Bis zum 25. Lebensjahr galt man als "minderjährig" (minoren),
d.h. wenn man nicht unter "elterlicher Gewalt" stand, war die
Bestellung eines Altersvormundes notwendig.

Die Rechte des Großjährigen konnten auch an Minderjährige
(ab dem 20, , bei weibl. Personen ab dem 18. Lebensjahr)
durch landesherrliches Reskript verliehen werden, unter der
Voraussetzung, daß "verständiger und sittlicher" Lebenswandel
nachgewiesen wurde. (Aber auch dann gab es bzgl. Verkauf
von Immobilien, Testament u.ä. besondere Bestimmungen).

e) Volljährigkeit (aetas legitima oder Majorennität) ab 25 Jahre,
alle Rechtshandlungen des bürgerlichen Lebens (soweit nicht
durch besondere Gesetze anders geregelt).

Stand 1874:
- Baden, Bayern, Hessen, Preußen (als letztes, wohl nach 1870):
Volljährigkeit 21 Jahre.
- Hamburg: Volljährigkeit für Männer 22 Jahre.
- Oldenburg: Volljährigkeit 24 Jahre.

Hinsichtlich der Heirat gab es besondere Bestimmungen, nach
denen auch bei Volljährigkeit die Einwilligung des Vaters !!
notwendig war (nach sächsischem Recht auch der Mutter).

Das deutsche Reichsgesetz vom 6. Februar 1875 forderte für
die Ehefähigkeit (d.h. Heirat auch mit elterlicher Erlaubnis)
ein Alter von 20 Jahren für Männer und 16 Jahren für Frauen
(nach altem römischen Recht 14 bzw. 12 Jahre).
Nach diesem Gesetz durften Witwen auch erst nach 10 Monaten
nach dem Tod des Ehemannes heiraten, bei Verurteilung durch
Ehebruch war eine zweite Heirat verboten.

Auch nach dem Gesetz von 1875 war trotz Volljährigkeit eine
Einwilligung notwendig, und zwar durch den Vater, nach dessen
Tode durch die Mutter, bei unehelichen Kindern die Mutter,
(bei Minderjährigen ohne Vater war die Einwilligung eines
Vormunds notwendig, auch wenn die Mutter lebte):
Einwilligung war notwendig - bei Söhnen bis zur Vollendung des
25. Lebensjahres - bei Töchterm des 24. Lebensjahres.
Bei Versagen der Einwilligung konnte ein richterlicher Entscheid
herbeigeführt werden.
Personen im Militärdienst (auch im kirchlichen Dienst) bedurften
die Einwilligung (Ehekonsens) der vorgesetzten Behörde.

Ernst Schroeder
www.kolberg-koerlin.de

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Re: Volljährigkeit (Mündigkeit). Heiratsbestimmungen.

Beitragvon -sd- » 30.04.2021, 15:17

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Rolf Kammer fragte:
Wann waren um 1850 Mädchen und Jungen in der Provinz Posen volljährig ?


Bei Wikipedia fand ich folgendes:
In Deutschland erlangt man die Volljährigkeit mit der Vollendung des 18. Lebens-
jahres. Dies ist in § 2 des BGB geregelt.

[1] Damit wird man voll geschäftsfähig und erhält das passive Wahlrecht. Das
aktive Wahlrecht erlangt man, unabhängig von der Festlegung der Volljährig-
keit, mit der Vollendung des 18. Lebensjahres (Art. 38 (2) GG).

[2] Strafrechtlich wird man zwischen dem 18. und dem 21. Geburtstag als
Heranwachsender angesehen, auf den das Jugendstrafrecht oder das allge-
meine Strafrecht angewendet werden kann. Außerdem darf die volljährige
Person ohne Erlaubnis der Sorgeberechtigten oder des Familiengerichts
heiraten.

Die Volljährigkeit (auch Großjährigkeit oder Majorennität) wurde in
Deutschland durch das Reichsgesetz vom 17. Februar 1875 auf 21 Jahre
festgelegt. Seit dem 1. Januar 1900 regelte dies das Bürgerliche Gesetz-
buch (BGB), § 2, gleichen Inhalts. Weiterhin legte § 3 fest, daß durch das
Personenstandsgericht Personen, die das achtzehnte Lebensjahr vollen-
det hatten, die Volljährigkeit zugesprochen werden konnte; Rechte und
Pflichten ergaben sich dementsprechend schon früher. Vor 1875 trat sie
in vielen Gegenden Deutschlands erst mit 25 Jahren ein.

Am 1. Januar 1975 wurde das Alter der Volljährigkeit in der Bundesre-
publik Deutschland von zuvor 21 Jahren auf 18 Jahre herabgesetzt. In
der SBZ / DDR war dies bereits am 17. Mai 1950 mit dem Gesetz über
die Herabsetzung des Volljährigkeitsalters geschehen.

Holger M. Schultz

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angefragt !
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Einwilligung zur Heirat.

Beitragvon -sd- » 24.05.2021, 18:36

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Einwilligung zur Heirat.

Es ist jetzt ziemlich genau 40 Jahre her, daß meine Frau und ich von Freunden
zur Hochzeit nach Zeist in die niederländische Provinz Utrecht eingeladen waren.
Die Freunde waren etwa 22 bis 24 Jahre alt. Im Rathaussaal des Ortes wurde
die standesamtliche Hochzeit mit allen Gästen (Zeugen) durchgeführt. Beide
Elternpaare wurden befragt, ob sie mit der Heirat einverstanden seien. Erst
als diese dem zustimmten, wurde die Heirat standesamtlich durchgeführt.
Bei unserer erstaunten Nachfrage bei anderen holländischen Gästen, wurde
uns bestätigt, daß das dort immer so gehandhabt werde. Dabei kam es darauf
an, daß noch irgendein Elternteil lebte, der befragt werden konnte. Sollte dieser
Elternteil nicht mit der Hochzeit einverstanden sein, würde die standesamtliche
Heirat für sechs Wochen ausgesetzt. Das könnte zweimal geschehen. Danach
erlösche das Einspruchsrecht der Eltern und das Paar würde dann auch ohne
Elterneinspruch getraut.

Daß besagte Ehe leider nur knapp zwei Jahre gehalten hat, hat aber mit obig
beschriebener Zeremonie nichts zu tun.

Udo Majewski, Bielefeld

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Da die Trauung genau so stattfand, gebe ich Dir gern mein Einverständnis,
diesen Text als Beispiel zu verwenden. Udo
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