Zur Entstehung der Familiennamen.

Woher stammt mein Name ?

Zur Entstehung der Familiennamen.

Beitragvon -sd- » 31.03.2016, 17:32

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Dieter Sommerfeld 'Zur Entstehung der Familiennamen'.

Allgemeines

Bis etwa 1200 gab es in Mitteleuropa nur Vornamen, ergänzt durch Beinamen. (Karl der Kahle, Harald Kampfzahn).
Mit der Entwicklung von Städten wurden Familiennamen erforderlich. So ist es durchaus vorstellbar, daß irgendwo
der Bürgermeister alle seine Bürger, die nur einen Vornamen hatten, ins Rathaus bestellte: Wer von Euch heißt Anton ?
Aha, 23. Das sind 22 zu viel. Jedesmal, wenn ich den Büttel losschicke, er soll mir einen Anton holen, bringt er mir den
falschen. Dabei wollte ich doch nicht jeden hängen oder köpfen,, nein, manchem wollte ich doch nur das Verdienst-
kreuz umhängen. Aber das ändert sich jetzt. Ab jetzt bekommt ihr einen Familiennamen. Wie das geht ? Also, ihr
werdet doch wohl eure Väter kennen. Nehmt den Vornamen und hängt einfach ein -sohn daran, oder ein s. Das sind
Patronymika, merkt euch das für euer nächstes Kreuzworträtsel. Und so geschah es. Der Stadtschreiber notierte
fünfzehn neue Namen. Und was ist mit den acht anderen ? Die können sich beim besten Willen nicht an ihren Vater
erinnern. Auch ihre Mütter wissen von nichts. Das regeln wir anders, brummte der Bürgermeister. Du, Kleiner, wo
kommst Du her ? Aus Schwaben ? Dann kannst du dir aussuchen, Schwab oder Kurz. Also, notieren Sie, Herr Stadt-
schreiber, er möchte Schwab heißen, Anton Schwab. Und erhält das Recht, einen Nachkommen Gustav zu nennen.
Und da seh ich einen, der ist dunkelhaarig, alle anderen sind blond. Der heißt ab sofort Schwarz, Anton Schwarz.
Meinetwegen soll er später das Schießpulver erfinden. Und dieser hier schielt ganz auffällig. Der heißt jetzt Schiller,
von dem stammt später der Friedrich ab. Und wo kommst du her ? Von den Goten, Göttern oder vom Kote ? Dann
heißt Du Göte, wirst mal berühmt; hoffentlich kannst Du lesen und schreiben! Meckert nicht über die Schreibweise !
In 400 Jahren, im Barock, wird man sowieso alle diese Namen verschlimmbessern und verhohnepipeln. Da wird man
mit Prunk und Pracht prahlen und protzen und mit aller Macht eure Namen aufmotzen. Eure Namen verändern sich
und der gute Geschmack ebenso. Und du, du wirkst so unauffällig, was bist du von Beruf ? Ein Wagenmacher ?
Ach, sogar ein Kutschenanfertiger ? Na komm mal herunter von deinem hohen Roß. Schreib Er auf: Anton Wagner.
Einen deiner Nachkommen darfst du gerne Richard nennen. Hoffentlich ist er wenigstens musikalisch. Noch ein Beruf.
Kann jemand melken ? Was, du willst ein Schweizer sein ? Wieso redest du denn plattdeutsch und den Wilhelm Tell
gibt es noch gar nicht ! Nein, du heißt Anton Melker. Sonst hält man dich später noch für einen Schweizer Degen,
dann mußt du in 300 Jahren drucken oder wirst in die mächtige Vatikanarmee eingezogen. Und du, Puckliger, du
ahnst wohl schon, wie du heißen wirst. Was, du brauchst keinen Namen, weil du ein Russe bist und nur als Ernte-
helfer hier ? Trotzdem, mal kriegen sogar die Russen Familiennamen, du bist der erste und heißt ab jetzt Anton
Gorbatschow. Mußt dich in Deutschland nicht schämen, kein Mensch weiß hier, daß das Puckliger heißt.

Nehmen wir mal an, alle diese Väter kämen aus Nordeuropa und sie hätten den griechischen Vornamen Stephanos,
was Kranz bedeutet. Dann hieße der Deutsche Stefan und sein Sohn mit Familiennamen Steffens. Der Russe Stepan
und sein Sohn Stepanow oder Stepanowitsch. Der Däne oder Norweger Stefan hätte einen Sohn Steffensen. Der
Schwede Stefan einen Sohn Stefansson. Der Engländer Steven einen Sohn Stevenson oder Stevens.

Zum Familiennamen Sommerfeld

Bald ergaben sich bedeutende Neuerungen in der Landwirtschaft, eine wahre Agrarrevolution. Sie wirkte sich auf
die Familiennamen aus. Die landwirtschaftliche Produktion wurde wesentlich gesteigert, und die bessere Ernährung
führte zu höherer Lebenserwartung und mehr Lebensqualität.

Es war die Dreifelderwirtschaft. Auf einem Feld wurden im Herbst Winterweizen, Roggen, Dinkel oder Gerste angebaut.
Auf dem zweiten Feld im Frühling Hafer, Gerste oder Hülsenfrüchte. Auf dem dritten Feld wuchs nur Klee, es diente
als Weide für Vieh, das im Sommer den Boden düngte.

Im nächsten Jahr verschob sich der Fruchtanbau um ein Feld. So entstanden Winterfeld, Sommerfeld und Brachfeld.
Die Aufteilung der Felder führte zu neuen Höfen und damit zu neuen Familiennamen. Mit einer weiteren Neuerung,
der Fruchtfolge, ließ sich diese agrarische Verbesserung sogar auf nur einem Feld durchführen.

Die von Sommerfeld, Winterfeld, Brache abgeleiteten zahlreichen Namensvarianten entstanden in den fruchtbaren
Ebenen Mittel – und Ostdeutschlands, in denen schon vor 6000 Jahren die Bandkeramiker Seßhaftigkeit, Ackerbau
und Viehzucht begründeten, wie aus dem bäuerlichen Kalender der in Nebra gefundenen goldenen Himmelsscheibe
hervorgeht. Die ausländischen Varianten Summerfield, Zomervelt, Sommarfeldt usw wirken wie aus dem Deutschen
übernommen, meist durch Auswanderung deutscher Namensträger.

Der erste namentlich bekannte Sommerfeld war der Ritter Hans von Sommerfeld, der 1410 der von Polen und Litauern
arg bedrängten Marienburg zur Hilfe eilte. Möglicherweise war er der Herr von Schloß Sommerfeld an der Lubis in Ost-
brandenburg, nahe Niederschlesien. Der Hof dieses Schlosses stand 1925 voll von uraltem landwirtschaftlichem Gerät.
1945 war es ein Altersheim, die alten Bewohner wurden von den Polen vor die Stadtmauer geführt und erschossen.
Aber 1995 zählte zu den Ratsherren der nun polnischen Stadt Lubsko ein Sommerfeld mit polnischem Vornamen.

DS

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Dieser lesenswerte Text wurde mir von meinem Namensvetter Dieter Sommerfeld (zuletzt in Wolfsburg wohnhaft)
übermittelt. Siehe hierzu auch http://forum.sommerfeldfamilien.net/vie ... php?t=1496
Dieter ist am 3. September 2012 verstorben.



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Dreifelderwirtschaft:
https://de.wikipedia.org/wiki/Dreifelderwirtschaft


Die Ackerflur wurde in drei Felder eingeteilt, auf denen die einzelnen Bauern in regel-
mäßiger Folge Wintergetreide ("Winterfeld"), Sommergetreide ("Sommerfeld") an-
bauten und es dann ein Jahr zur "Erholung" brach liegen ließen und nur im Sommer
beweideten ("Brachfeld"). Um den Nachbarn nicht zu schädigen, herrschte Flurzwang.
Kommassation: Sie wird heute in Deutschland als Flurbereinigung bezeichnet.

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