Bäuerliche Ahnenforschung in Ostpreußen.

Bäuerliche Ahnenforschung in Ostpreußen.

Beitragvon -sd- » 02.02.2019, 22:14

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Unsere bäuerliche Ahnenforschung.
Viele wertvolle Unterlagen sind verlorengegangen.

Durch unsere Vertreibung ist wertvolles Material über unsere bäuerlichen
Vorfahren verlorengegangen. — Es hat bei uns in Ostpreußen uralte Bauern-
geschlechter gegeben, die auf den alten Stammhöfen, in Truhen wohl
verwahrt, alte Papiere aufbewahrten, die den Nachkommen Kunde von ihren
Ahnen gaben. Nicht nur von deren Namen, sondern auch von ihren Taten und
Eigenschaften. Da waren alte Hofkarten, gerichtliche Verschreibungen,
Prozessakten, Verkäufe oder Zukaufurkunden von Land, alte Schulzeugnisse,
Fotografien usw. Aufmerksame Nachfahren könnten daraus viele Schlüsse auf
Charakter, Begabung, Tüchtigkeit und Aussehen des einzelnen Vorfahren
ziehen. Die Situation wird nun bei vielen dieser alten Bauerngeschlechter
ähnliche wie in unserer Familie folgende sein: Die Unterlagen gingen zum
größten Teil verloren. Die alten Menschen, die noch Genaues aussagen
könnten, sterben dahin. Die meisten Bauern selbst sind tot, und die Bäuerin
hat vielleicht in den Hof hineingeheiratet, weiß wohl um ihre Ahnen gut
Bescheid, wenig aber von denen ihres Mannes. Unsere Kinder aber wachsen
in einer fremden Gegend auf, die ihnen zur zweiten Heimat wurde. Wohl
fragen sie oft nach den Vorfahren und erhalten eine Auskunft, die nicht
erschöpfend genug ist. Das wahre Verständnis für die Vorfahren fehlt ihnen
jedoch noch. Das hat uns in diesem Alter auch gefehlt. Es kommt erst, wenn
man selbst verheiratet ist und Kinder hat. Ich will nun aufzeigen, wie ich mir
aus dieser Lage heraus zu helfen suchte: Meiner Ansicht nach sind Stamm-
bäume nicht lebendig genug, wenn an ihren Zweigen nur tote Namen mit
Geburts- und Sterbedatum hängen. Bei noch lebenden Verwandten meines
Mannes suchte ich zunächst noch nach vorhandenen Grundlagen und siehe
da, ich hatte Glück ! Mein Bruder hatte seinerzeit im Staatsarchiv in Königs-
berg alte interessante Berichte über unseren Hof in Unterstannen ausge-
graben und uns zugeschickt. Ein Vetter meines Mannes interessierte sich
damals dafür, erhielt eine Abschrift und rettete sie. Sie ist heute wieder
in unserem Besitz. Von meiner Schwiegermutter hörte ich viele persönliche
Dinge, die auf den Charakter und das Aussehen der Ahnen meiner Kinder
väterlicherseits schließen lassen. Das habe ich alles neben den Namen des
Vorfahren aufgeschrieben. Ich selbst habe in der Eile der Vertreibung, ohne
Zeit zur Durchsicht zu finden, auch einige alte Papiere gerafft und gerettet.
Fotografien unserer Heimat rettete ich oder erfragte sie bei Verwandten.
Ich bin nun dabei, diese Dinge alle zusammenzustellen um sie meinen
Kindern zu erhalten. Alle drei erhalten diese Aufzeichnungen. Es könnte
ja sein, daß sie einem der Kinder durch irgendein Ereignis wieder verloren-
gingen. Vielleicht liest noch ein entfernt Verwandter, dessen Ahnen in unse-
rem Hofe abstammen, diese Zeilen und kann auch noch einen Beitrag zu
meiner Forschung abgeben. Ich bin selbstverständlich gerne bereit, Unter-
lagen auszutauschen.

Natürlich ist es über die Ahnenforschung hinaus am wichtigsten, daß wir
unsere Kinder bewußt in dem Gedanken an ihre Vorfahren erziehen und ihnen
immer wieder sagen: „Dieses war deine Heimat, die deine Vorfahren im Lande
der Jahrhunderte im Schweiße ihres Angesichts schufen. Es blieb ihnen nichts
geschenkt. Sie kamen als Siedler, rodeten, fronten, scherwerkten und mehrten
durch ihren unermüdlichen Fleiß, den Besitz bis er zu der Blüte kam, den er
bei deiner Vertreibung hatte. Man raubte ich dir, erschlug in deiner Heimat
alte Geschlechter und läßt die noch Überbliebenen in der Fremde vegetieren.
Wehre dich, trachte nach deinem Erbe, du hast ein Recht darauf, das dir
niemand streitig machen darf ! Was du im innersten Herzen niemals aufgibst,
das geht dir niemals verloren ! Margarete Padeffke geborene Schell.

Quelle: OSTPREUSSENBLATT, 23. März 1956

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