Urkundenanfragen bei polnischen Standesämtern.

Erfahrungen und Ratschläge.

Urkundenanfragen bei polnischen Standesämtern.

Beitragvon -sd- » 13.04.2012, 11:21

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Urkundenanfragen bei polnischen Standesämtern.

Hat jemand eine Vorlage (Template) für Anfrage von Geburts-, Heirats-
oder Sterbe-Urkunden bei polnischen Standesämtern ?
Bestimmt haben viele einen Bedarf dafür und wären dankbar, hier eine
kleine Hilfe zu bekommen.

Worauf sollte man achten, daß man eine Kopie des Originals und nicht
eine polnische Übersetzung erhält, dessen Rückübersetzung nochmals
Kosten verursacht ?




Das ist eine ausgesprochen komplizierte Angelegenheit, die leider, leider
nicht kurz beantwortet werden kann.

Also erstens gibt es eine offizielle und gesetzlich verankerte Aufteilung
auf alle standesamtliche Dokumente, die bis 1900 zurückgehen, diese
»SOLLEN« alle bei den Standesämtern aufbewahrt werden, was leider
von Fall zu Fall unterschiedlich gehandhabt wird. Zudem kann es sich u.U.
ausgesprochen schwierig gestalten, die Originale der alten Standesamts-
bücher und Dokumente in die Hand zu bekommen. Ich würde eine
"Faustregel der umgekehrten Proportionen" aufzustellen riskieren:
Je kleiner der Ort und somit das örtliche Standesamt, desto größer die
Möglichkeit
(vorausgesetzt Sie treten freundlich auf und können ein paar
Worte Polnisch), auch die Originale zu sehen zu bekommen, die dann
gleich vor Ort fotokopiert und/oder fotografiert werden können.

Dann gibt es die örtlich zuständigen Staatsarchive, in denen in aller Regel
alle alten Akten aufbewahrt werden, die aus der Zeit vor 1900 stammen.
Zwar gilt auch hier die bereits oben aufgestellte "Faustregel der umgekehr-
ten Proportionen", aber diese staatlichen Institutionen sind meistens viel
besser auf den Publikumsverkehr vorbereitet. Viele haben eigene Scanner
und stellen Kopien und Scans der Originale gegen eine normale, bezahlbare
Gebühr gleich her.

Und dann gibt es auch noch die kirchlichen Archive, z.B. in den Diözesen
und die normalen, meist kleineren Kanzleien in den Kirchen. Wenn die
gesuchten Bücher und/oder Dokumente nicht viel älter sind, als das Jahr
1900, dann hilft es nur, wie sonst immer im richtigen Leben auch, dem
Priester freundlich zu erklären, daß man die Daten über die eigene Familie
für die genealogischen Zwecke der Familienforschung benötigt. Ich habe
bis jetzt nur einmal erlebt, daß die Priester sehr hartnäckig behaupten,
keine Bücher zu haben, was mir von meinem Gefühl her nicht glaubwürdig
erschien. Alle anderen waren freundlich und sehr hilfsbereit.

Also resümierend: in den polnischen Standesämtern hilft Ihnen eine Vorlage
(oder ein Template) herzlich wenig, weil darüber, ob Sie die Ansicht in die
Originale bekommen, immer jemand vor Ort entscheidet und selbst dann,
wenn Sie ein richtig und in polnischer Sprache ausgefülltes Formular mit
den notwendigen Gebührenmarken einschicken (wo wollen Sie diese in
Deutschland auftreiben ?), werden diese in eine Computermaske einge-
tippt und (ohne Ihre mühsam ausgefüllten Formulare) per Enter ins Archiv
geschickt.

Richard Czarnecki

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Hallo Dieter [Sommerfeld],

ich habe keine Probleme damit, daß Sie diesen Text veröffentlichen,
wenn Sie der Meinung sind, daß er für jemanden hilfreich sein könnte.


Allerdings gibt es auch in Polen eine völlig neue Entwicklung, mit einer
neuen Differenzierung; z.B. im Staatsarchiv Warschau weigern sich die
bis jetzt sehr freundlichen und hilfsbereiten Archivmitarbeiter irgendwelche
genealogische Suchaufträge zu übernehmen, mit der "Begründung", es
sei nicht deren primäre Aufgabe, nach unseren vermißten Vorfahren zu
suchen. In Polen gibt es kein eindeutiges Recht, wie z.B. in der Bundes-
republik nach 1989, daß die Eigentumsfragen eindeutig regeln würde.
Seit einigen Jahren bereits stürmen und belagern mit ihren Anträgen
alle die Menschen, deren Vorfahren nach 1945 die Kommunisten das
Eigentum enteignet haben. Die meisten haben nichts darüber in der Hand.
Um die Grundbucheinträge hat sich keiner gekümmert. Nach fast 50 Jahren
Kommunismus ... und hoffen jetzt in den Staatsarchiven etwas zu finden.
Diese bekommen natürlich keine Extramittel für diese neuen Aufgaben
und können effektiv nichts anderes mehr leisten, sind aber an sehr knappe
Fristen gebunden, die die polnischen Gerichte ihnen vorknallen. Es gibt nur
ein Jammern darüber. Aber solche Gerichtsverhandlungen sind dann auch
kein Leckerbissen, da die Grundregel gilt: Je größer das Vermögen gewesen
ist, desto geringer jetzt die Chance, irgendetwas zurückzubekommen,
da der Eigentümer z.B. von Großgrundeigentum oder großen Industrie-
anlagen - in aller Regel jetzt der polnische Staat ist = die staatliche
postkommunistische Verwaltung. Mit der will ich auch nicht kämpfen müssen.

Mit freundlichen Grüßen

Richard Czarnecki

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